Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Informationsfreiheitsgesetz

Chance für modernes Gesetz verpasst

13.12.2012

Morgen berät der Landtag die Änderung des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes. Dafür liegt ein Änderungsantrag der CDU- und SPD-Fraktion zum Entwurf der Landesregierung vor. In ihm finden endlich auch wichtige Kritikpunkte des DJV Thüringen Berücksichtigung, die der Journalisten-Verband bereits im Sommer in einer Stellungnahme eingebracht hatte, ohne dass sie im Regierungsentwurf Berücksichtigung gefunden hätten. Nur durch öffentlichen Druck und persönliche Ansprache von Abgeordneten kam der Änderungsantrag zustande. Der DJV-Landesverband Thüringen kann es sich zurechnen lassen, die öffentliche Debatte angestoßen und zu weiten Teilen mit gelenkt zu haben. Mit dem Medienstammtisch im Oktober sensibilisierten wir das Parlament und die Ministerialbürokratie, sich noch einmal mit dem Gesetzentwurf auseinanderzusetzen und gravierende Mängel zu beseitigen. Das Schreiben der Landesvorsitzenden Anita Grasse an den Innenausschuss des Thüringer Landtags forcierte die Diskussion. „Letztlich bewirkten aber erst persönliche Gespräche von Mitgliedern des Landesvorstands mit Abgeordneten ein Einlenken“, erklärte Anita Grasse. Der DJV Thüringen verkennt nicht die Verbesserungen im künftigen Informationsfreiheitsgesetz gegenüber dem jetzigen Entwurf. So ist die Verkürzung der Frist, innerhalb der Behörden Auskunft erteilen müssen, ein Fortschritt. Ebenso wie die Ergänzung, wonach Journalisten Informationsanfragen trotz deren kommerzieller Nutzung berechtigt stellen können. Dennoch verpasst der Gesetzgeber die Möglichkeit, ein modernes, verständliches und dem Anliegen genügendes Gesetz zu schaffen. Die vielen im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen wirken ebenso abschreckend wie das beibehaltene Kostendeckungsprinzip. So sollen dem Antragsteller lediglich die Grundlagen der Kosten und noch nicht einmal deren Höhe mitgeteilt werden. Ein Blick in das Umweltinformationsgesetz des Freistaats hätte genügt, bürgerfreundliche und dem Ziel des Gesetzes entsprechende Regelungen zu finden. Auch das im Oktober in Hamburg in Kraft getretene Transparenzgesetz geht weit über das hinaus, was nun in Thüringen gelten soll. Das Gesetzgebungsverfahren wirft weitere Fragen auf. Obwohl die Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes im Koalitionsvertrag steht und das derzeitige Gesetz bis zum Jahresende befristet gilt, treibt das zuständige Innenministerium erst in der Urlaubszeit zur Eile und bittet im Juli 2012 um Stellungnahmen zum Referentenentwurf, die binnen vier Wochen vorliegen sollen. Der DJV und Netzwerk Recherche haben in ihren schriftlichen Beurteilungen des Entwurfs beispielsweise festgestellt, dass § 4 Absatz 4 (Gewinnerzielungsabsicht) rechtswidrig ist, weil er gegen das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) des Bundes und gegen die dem IWG zu Grunde liegende europäische Richtlinie 2003/98/EG verstößt. Dennoch wurde der Paragraf unverändert in den Gesetzentwurf der Landesregierung vom 14.09.2012 übernommen. Es drängt sich daher die Frage auf, ob die Stellungnahmen nicht gelesen oder aber ignoriert werden. Beides kann nicht toleriert werden. 
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