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Kein (Foto-)Journalismus mehr möglich?

16.02.2018

Echte Probleme liegen eher beim Redaktionsdatenschutz

Im Netz kursieren derzeit Berichte, denen zufolge Fotojournalismus wegen des ab 25. Mai 2018 geltenden Datenschutzrechts (DSGVO) praktisch unmöglich würde. Die These lautet, dass die bisherigen gesetzlichen Vorschriften, auf deren Grundlage die Aufnahme und Veröffentlichung von Fotos möglich sind, keine Anwendung mehr finden. Gemeint sind die Regelungen im „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“, oft auch als „KunstUrhG“ oder „KUG“ abgekürzt.

Dazu das knappe Resümee aus der angesehenen Neuen Juristischen Wochenschrift, schon von 2017:

"Soweit Bildnisse für journalistische, wissenschaftliche oder künstlerische Zwecke veröffentlicht werden, eröffnet 85 Absatz II DSGVO den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum, so dass die § 22 KUG, § 23 KUG insoweit unverändert beibehalten werden können." (Autorinnen: Dr. Anne Lauber-Rönsberg und Anneliese Hartlaub, NJW 2017, 1057)

Die Regelungen des KUG bleiben demnach unberührt. Natürlich hat jede/r Jurist/in mindestens eine andere Meinung zu jedem Thema, also auch diesem, aber gerade das ist ein Grund, nicht jedem im Alarm-Modus formulierten Beitrag direkt zu folgen.

Fakt ist allerdings auch, dass der DJV schon immer seinen Mitgliedern dazu rät, mit eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu arbeiten, durch die eine Haftung für Veröffentlichungen von Fotos und sonstigen Beiträgen in einem zulässigen Rahmen auf die Auftraggeber verlagert werden soll. Denn am Ende des Tages sind es die Auftraggeber, die Beiträge veröffentlichen, nicht die Fotojournalisten selbst. Zusätzlich rät der DJV auch immer zu einer Vermögenschadenhaftpflichtversicherung über den DJV-Versicherungsmakler Helge Kühl, die für den Fall helfen kann, das tatsächlich zivilrechtliche Ansprüche aus einer Verletzung des Datenschutzrechts resultieren.

Das Problem liegt weniger beim KUG und Fotos, sondern vielmehr bei der Frage, ob die Arbeit in den Redaktionen bzw. in den Büros von Freien wie bislang den Vorschriften des Datenschutzrechts nur eingeschränkt unterliegen wird. Die bisherige Rechtslage zum Datenschutz ist in einer Broschüre des Deutschen Presserats nachlesbar. Danach hat der Gesetzgeber zum Schutz der journalistischen Recherche und des Redaktionsgeheimnisses den redaktionellen Bereich der Presse aus der Anwendung des größten Teils der BDSG-Vorschriften herausgenommen.

Grundsätzlich eröffnet die DSGVO die Möglichkeit, solche Ausnahmen auch jetzt wieder gesetzlich zu definieren. Das ist aber bisher in den dafür zuständigen Bundesländern nicht passiert.

Die DJV-Landesverbände haben zum Thema mit Unterstützung des DJV-Bundesverbandes Stellungnahmen bei den in dieser Frage zuständigen Landesparlamenten eingereicht, in denen die Änderung der Mediengesetze/Pressegesetze in den Ländern gefordert wird. HIerzu beispielsweise auch aus der aktuellen Pressemitteilung des DJV Thüringen: "Bisherige Regelung zum Datenschutz erhalten!":

Die Anwendung des Datenschutzrechts auf die redaktionelle Arbeit würde dazu führen, dass jeder „Betroffene“ an die internen Informationen der Redaktionen gelangen könnte: ein Bürgermeister würde erfahren, wer aus seiner Verwaltung mit Journalisten geplaudert hat; ein Unternehmer würde herausbekommen, wer die Bilder über die Missstände in seinem Betrieb in Umlauf gebracht hat. Damit wäre die für jede freiheitliche Demokratie konstituierende Presse- und Meinungsfreiheit im Prinzip und im Detail beseitigt.

Ziel des DJV ist, dass die journalistische Arbeit in den Redaktionen sowie in Büros von Freien wie bislang weiterhin weitgehend von Einschränkungen durch das Datenschutzrecht ausgeklammert wird. Sollten solche Änderungen nicht erfolgen, würde es – mit Hilfe des DJV – wohl recht bald zum Gang vor die Gerichte bis hin zum Verfassungsgericht kommen. Diese Änderungsvorschläge beziehen sich freilich auf die Mediengesetze und nicht auf das KUG, das derzeit als unproblematisch angesehen wird.

In der Sache gibt es Widerstand von der "Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder": diese hat in einer Entschließung klar gemacht, dass sie Ausnahmen wie im bisherigen Umfang ablehnt. Dadurch wird sich der Gesetzgebungsprozess vermutlich noch einige Zeit hinziehen, und es ist anzunehmen, dass um jeden einzelnen Punkt gerungen werden muss.

Es ist in jedem Fall klar, dass in Zukunft einige Punkte mehr zu beachten sein werden als früher; insbesondere wird der DJV seine Musterverträge und Muster-AGB um Dateneinwilligungsklauseln ergänzen und noch deutlicher dafür werben, mit Personendaten im Zweifelsfall sparsam umzugehen. Es galt aber auch schon bisher, dass man solche Daten nicht einfach ohne Grund verbreiten sollte. Eine entsprechende Informationsschrift wird noch erarbeitet, auf djv.de/freie werden die Aktualisierungen dann zu finden sein.

Darüber hinaus gilt es natürlich, selbstbewusst für die eigenen Rechte einzutreten, dazu ist man / frau ja auch DJV-Mitglied und hat den Rechtschutz in Berufsfragen. Nur wer bereit ist, für seine Meinung zu kämpfen und auch um seine Rechte zu kämpfen, wird sich Freiräume im Journalismus erhalten können, das gilt völlig unabhängig von der DSGVO.

Umgekehrt sollte man aber auch schon deswegen nicht zur Panik neigen, weil Journalisten umgekehrt auch von stärkerem Datenschutz profitieren können. Bürger oder Unternehmen, die sich über Journalisten ärgern, werden es dadurch schwerer haben, an ihre Daten zu kommen, sie digital zu mobben oder auch vor dem Haus in die Luft zu jagen, weil das Nummernschild einfach recherchiert werden konnte (oder anderes). Den Anti-Datenschutzpopulismus, den jetzt einige im Netz kultivieren, sollten gerade freiheitsbewusste Journalisten daher auch nicht zu sehr mitmachen. Umgekehrt müsste aber auch überzeugten Datenschützern klar sein, dass eine freie Presse ihre Recherchen nicht rechtzufertigen hat, das wäre ihr Ende.

Nicht KUG, sondern Landesgesetzgebung als Kernproblem: Wer wirklich besorgt ist und in der Angelegenheit helfen will, sollte seinen Landtagsabgeordneten einfach anschreiben oder (besser) persönlich ansprechen (Bürgergespräche) und dafür werben, dass die sich mit den Änderungsvorschlägen des DJV beschäftigen. Großartige Datenschutzrechtskenntnisse braucht für ein solches Gespräch niemand (die hat auch der normale Landtagsabgeordnete nicht), es genügt darum klarzumachen, dass auf Landesebene etwas zu machen ist im Spannungsfeld Datenschutzrecht und Pressefreiheit - und es dazu ausgefeilte Vorschläge vom DJV bzw. DJV-Landesverband gibt.

Zum neuen Datenschutzrecht führt der DJV am 16. März und am 16. April Webinare durch, die von DJV-Mitgliedern kostenlos gebucht werden können: www.journalistenwebinar.de

Michael Hirschler, hir@djv.de

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