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Digitaler Journalismus

Medien-Negativpreis

Verschlossene Auster für Tesla

04.10.2022

Was hat der Autokonzern Tesla mit der Deutschen Bischofskonferenz und dem Adelshaus Hohenzollern gemeinsam? Sie haben als Informationsblockierer des Jahres den Negativpreis „Verschlossene Auster“ von Netzwerk Recherche verliehen bekommen.

Kayhan Özgenç bei der Laudatio zur "Verschlossenen Auster" für Tesla. Foto: Paul Eschenhagen

Die Journalistenorganisation begründet die Vergabe des diesjährigen Preises an Tesla mit dem intransparenten Verhalten des US-amerikanischen Unternehmens gegenüber Medien und Öffentlichkeit. Die verbalen Ausfälle von Tesla-Chef Elon Musk gegenüber kritisch berichtenden Medien sind noch in unguter Erinnerung. "Wow, shame on ZDF Info!“, griff er auf Twitter eine kritische Frontal-Dokumentation über den Bau der Giga-Factory in Brandenburg an. „Elon Musk selbst hat in der Vergangenheit immer wieder Journalist*innen bedroht, verbreitet regelmäßig Falschnachrichten und manipuliert die Medien für seine persönlichen finanziellen Interessen“, erklärt Daniel Drepper, Vorsitzender von Netzwerk Recherche.

Die Laudatio hielt Kayhan Özgenç, Chefredakteur von „Business Insider“. Er fasst noch einmal die Versuche des Unternehmens zusammen, die Berichterstattung rund um das brandenburgische Tesla-Werk in Grünheide zu beeinflussen und zu verhindern. Damals wurde beispielsweise nur eine sehr begrenzte Anzahl ausgewählter Journalist*innen zur Werkseröffnung eingeladen. Unter anderem das ZDF musste draußen bleiben und ein Interview mit Wirtschaftsminister Robert Habeck vor den Werkstoren führen. Die Einladung an Tesla zur Entgegennahme des Preises und zum Halten einer Dankes- beziehungsweise Gegenrede blieb übrigens unbeantwortet.

Im an die Preisverleihung anschließenden Panel „Elon Musk, Tesla und die Medien – Vom Ende der traditionellen Pressearbeit und den Folgen für den investigativen Journalismus“ erzählten Janine Richter, Manka Heise und Christoph Richter von ihren Recherchen und Berichten zu Tesla für verschiedene Medien und den seltsamen Begegnungen mit Musk, der inoffiziellen Tesla-Pressesprecherin sowie Bundes-, Landes- und Lokalpolitiker*innen. Letztere schienen sich dabei des Öfteren eher als Sprecher von Tesla zu begreifen, denn als demokratisch gewählte Vertreter*innen der Menschen vor Ort.

„Ich glaube, dass selten jemand diesen Preis der Verschlossenen Auster so sehr verdient hat, wie Elon Musk“, schloss Kayhan Özgenç seine Laudatio. Dem ist, gerade nach der Teilnahme an dem oben genannten Panel, nur beizupflichten.

Ein Kommentar von Paul Eschenhagen

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