Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten
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Corona: Rundfunk- und Pressefreiheit

Bundesweit müssen viele Geschäfte, Bars und Schwimmhallen schließen, Besuche in Krankenhäusern und Altenheimen sind untersagt. Die Regierung in Bayern hat sogar den Katastrophenfall ausgerufen, der noch weitreichendere Grundrechtseinschnitte erlaubt - etwa in das Recht der Freiheit der Person, in die Versammlungsfreiheit oder in die Freizügigkeit. So der Stand heute. Aber wie geht es weiter?

Kommt es hart auf hart, könnten die Behörden in Bayern, aber auch in anderen Bundesländern Ausgangssperren anordnen. Was bedeutet das für Journalistinnen und Journalisten?

Würde eine Ausgangssperre auch für Reporter gelten?

Zunächst einmal ist klar: Die Presse und der Rundfunk haben durch Artikel 5 des Grundgesetzes eine Sonderstellung. Und nicht nur das. Das Bundesverfassungsgericht hat Presse und Rundfunk als systemrelevant eingestuft, u.a. in seinem richtungsweisenden Spiegel-Urteil von 1966:

Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates. (…) In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern im Parlament und Regierung.

Das gilt natürlich auch in Zeiten von Corona - ja sogar erst recht. Wenn das öffentliche Leben stillsteht, sind eine funktionierende Presse und ein funktionierender Rundfunk umso wichtiger. Denn der Bedarf der Bürgerinnen und Bürger, sich ungehindert aus allgemein zugänglichen und unabhängigen Quellen zu informieren, ist jetzt besonders hoch.

Dementsprechend kann für einen Reporter im Einsatz nicht ohne weiteres eine Ausgangssperre oder ein Reiseverbot verhängt werden.

So lange es zu Ausgangssperren käme, die den Weg zur Arbeit und zum Einkauf ermöglichen, können sich Journalisten – wie jeder andere auch auf die Berufsausübung berufen. Der Presseausweis vereinfacht den Nachweis, ist aber nicht zwingend erforderlich.

Doch selbst bei einer totalen Ausgangssperre müsste eine Grundversorgung mit aktuellen Informationen gewährleistet bleiben.

Wo sind die Grenzen der Presse- und Rundfunkfreiheit?

Allerdings haben auch Journalisten keinen Freifahrtschein. Auch das steht schon im Spiegelurteil:

„Die in gewisser Hinsicht bevorzugte Stellung von Presseangehörigen ist ihnen um ihre Aufgabe willen und nur im Rahmen dieser Aufgabe eingeräumt. Es handelt sich nicht um persönliche Privilegien; Befreiungen von bestimmten Rechtsnormen müssen nach Art und Reichweite stets von der Sache her sich rechtfertigen lassen.“

Wenn im konkreten Einzelfall die Gesundheit oder sogar das Leben anderer Menschen gefährdet ist, können Behörden auch die Presse- und Rundfunkfreiheit einschränken. Es bedarf dann aber einer gründlichen Abwägung der konkurrierenden Interessen.

Folgende Kriterien spielen dann eine Rolle: Wie groß ist die Gefahr und wie wahrscheinlich ist ihr Eintritt? Wie wichtig ist das Ereignis über das der Reporter berichten will? Handelt es sich um eine politische, informative Berichterstattung oder eine bunte Reportage? Ist das Thema aktuell oder lässt es sich genauso gut zu einem anderen Zeitpunkt umsetzen?

Wie steht es um den journalistischen Auskunftsanspruch?

Der DJV sieht derzeit keinen berechtigten Grund dafür, dass eine Behörde zum Beispiel einen Auskunftsanspruch oder eine Interviewanfrage mit dem Hinweis auf das Corona-Virus ablehnt. Sogar ein Kamerainterview mit ausreichendem Sicherheitsabstand von zwei Metern und unter freiem Himmel müsste weiterhin möglich sein.

Faktisch kommt es in der Praxis aber doch zu Einschränkungen, weil viele Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt wurden. Hier obliegt es aber den Behörden, die Versorgung der Journalistinnen und Journalisten mit Informationen weiterhin zu gewährleisten.

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