Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten
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Sachsen

Werter Herr Ministerpräsident,

04.09.2018

Michael Kretschmer. Foto: Pawel Sosnowski

morgen wollen Sie im Sächsischen Landtag eine Regierungserklärung zu den Vorfällen in Chemnitz abgeben. Das schreiben zumindest die Kollegen von der vorlauten Presse. Wenn wir mal annehmen wollen, dass die Journalisten Recht mit dieser Ankündigung haben, dann hätten wir vom Journalisten-Verband noch ein paar Tipps für Ihre Rede. Ist ja noch ein bisschen Zeit zur Überarbeitung Ihres Manuskripts. Richtig toll, Herr Kretschmer, wäre, wenn Sie endlich erklären würden, warum die Polizisten im Freistaat Sachsen so gern weggucken, wenn Journalisten mal wieder eins auf die Mütze kriegen. Das tun die Polizisten nicht erst seit ein paar Wochen, sondern mit dem Weggucken haben sie schon Übung. Auch in den letzten Jahren, wenn es irgendwo in Ihrem Freistaat zur Sache ging gegen Flüchtlinge, Ausländer, Kanzlerin oder andere Minderheiten und die anwesenden Journalisten beschimpft, bedroht oder geschlagen wurden, haben sich die Ordnungshüter schwuppdiwupp abgewandt. Und als dann auch noch dieses Frontal21-Team eine Demonstration filmen wollte, musste natürlich erst mal in aller Ruhe kontrolliert werden, ob diese Journalisten überhaupt welche sind und das dürfen. Sie, lieber Herr Kretschmer, haben sich zu alldem erst mal nicht geäußert. Kann man ja verstehen, wenn da plötzlich so ein unappetitliches Thema hereinbraust, sich keinen Termin im Vorzimmer geben lässt und beim Aktenstudium stört. Vielleicht haben Sie das Thema streng angeguckt und gesagt: So geht das aber nicht! Hat nichts genützt, sonst hätten Sie nicht den Sonntagabend bei Anne Will im Fernsehstudio verbringen müssen. Und überhaupt Anne Will: Da lädt sie jede Menge angebliche Experten ein, die Chemnitz noch nie gesehen haben und alles besser als Sie wissen. Na, denen haben Sie's aber gegeben: "Wir sitzen hier in einer Talkshow, alle haben keine Ahnung", haben Sie gesagt. Doch anstatt sich zu schämen, belehrt die Moderatorin Sie und pocht darauf, dass sie Fragen stellen darf. Das alles sollten Sie morgen in Ihrer Regierungserklärung mal ganz offen und ungeschminkt zur Sprache bringen. Wir freuen uns schon richtig darauf. Eine Glosse von Hendrik Zörner
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