Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Umgang mit AfD

Journalismus braucht auch Nähe zum Objekt

02.04.2019

Klar, man darf von Journalisten Professionalität beim Umgang mit Twitter erwarten. Die Kritik an Raphael Thelen und seiner Reportage über den AfD-Abgeordneten Markus Frohnmaier ist dennoch überzogen.

In einem durchaus branchenüblichen Tweet hat Thelen seine im "SZ-Magazin" erschienene Reportage über den Rechtsaußenpolitiker innerhalb der Rechtsaußenpartei beworben. Thelens Fehleinschätzung Nummer eins: Die Twitter-Gemeinde schätzt Eigenlob nicht immer ("… war es mir wichtig, fair mit ihm umzugehen. Und ich glaube das ist mir gelungen."). Fehleinschätzung Nummer zwei: Viele Twitter-User können schlecht damit umgehen, wenn Journalisten ihre Arbeit transparent machen. Thelen hat weder in seinem Tweet noch in seiner Reportage einen Hehl daraus gemacht, dass sich Reporter und  Porträtierter über die vielen Treffen nahegekommen sind. Wenn Menschen so viel Zeit miteinander verbringen und teils sehr persönliche Themen besprechen, bleibt das nicht aus. Manchmal braucht es sogar eine gewisse Nähe, damit sich jemand für Journalisten öffnet. Wichtig ist, auch dieses Problem für den Leser kenntlich zu machen. Thelen porträtiert Frohnmaier als islamophoben Karrieristen mit mutmaßlich rechtsextremer Vergangenheit, der sich vor den Kreml-Karren spannen lässt. Doch Twitter-User wüten, Thelen mache Frohnmaier mit seiner "Home Story" salonfähig. Weil er über einen Anstifter schreibt und nicht über Opfer rechter Gewalt. Weil er die Widersprüchlichkeit dieses Menschen aufzuzeigen versucht. Weil er einräumt, auch einmal mit Frohnmaier gelacht zu haben.
Natürlich darf man Thelens Text und Eigenlob kritisieren. Wer aber fordert, dass Journalisten nur aus der Ferne über (rechts-)radikale oder (rechts-)extreme Politiker schreiben dürfen und diese in jedem Halbsatz lautstark verdammen müssen, hat Journalismus nicht verstanden. Ein Kommentar von Sebastian Huld.

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