Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Pressefreiheit

Mutmaßliche Neonazis attackieren Journalisten

06.06.2018

Die Identität der Täter ist der Thüringer Staatsanwaltschaft bekannt, trotzdem kam es bislang weder zu einer Vernehmung noch zur Anklage.

Polizei und Thorsten NPD-Chef Heise vor dessen Haus. fOTO. Marian Ramaswamy

Ende April waren zwei Journalisten im Eichsfeld von maskierten Männern in einem Auto verfolgt und massiv attackiert worden. Auslöser des Konflikts sollen Foto- und Filmaufnahmen der beiden Journalisten vom Grundstück des Thüringer NPD-Landeschef Thorsten Heise gewesen sein. Nach Angaben des Anwalts der beiden Journalisten kamen bei den Attacken ein Baseballschläger, ein Messer, ein Schraubenschlüssel und Pfefferspray zum Einsatz. Die Angreifer raubten zwar außerdem die Kamera- und Fotoausrüstung der Journalisten. Die zuständige Staatsanwaltschaft sieht aber trotzdem „keinen dringenden Tatverdacht“. Wie bitte?
Das fragte sich auch der Journalist Matern Boeselager und ist der Sache für das VICE-Magazin auf den Grund gegangen. Für die Recherche hat er auch den zuständigen Staatsanwalt Dirk Germerodt gefragt, wie es denn sein könne, dass nach rund vier Wochen und trotz vorliegender Foto-Beweise noch keine Maßnahmen gegen die mutmaßlichen Täter ergriffen worden seien. Die Reaktion war ausweichend, es sei „kompliziert“ hieß es, und die Fotos könnten ja manipuliert seien. Was die Zurschaustellung von Nazi-Symbolen betrifft, sieht Herr Gemerodt es offenbar etwas unkomplizierter: Gerade hat die selbe Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen NPD-Funktionär Heise zu dessen Gunsten beendet. Umstrittene Symbole auf T-Shirts seien nicht verfassungswidrig. Die Frage bleibt also unbeantwortet: Warum legt die Thüringer Justiz in dieser Sache ein derart laxes Verhalten an den Tag? Wieder einmal drängt sich der Verdacht auf, dass die Pressefreiheit und andere essenzielle Grundwerte unserer Demokratie in einigen Regionen Deutschlands weniger wert sind, als in anderen.  
Ein Kommentar von Anna-Maria Wagner

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