Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Amberg

Scheinheilige Schiebewurst

04.01.2019

Wer die Aufregung um vier gewalttätige Betrunkene ausländischer Herkunft in Amberg zu verantworten hat, ist für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sonnenklar: die Medien natürlich. So einfach ist das nicht, Herr Minister.

Joachim Herrmann: Die Medien waren's. Screenshot: DJV

Wenn dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann eine Antwort auf eine Journalistenfrage besonders leicht fällt, legt er gern ein süffisantes Lächeln auf. So in der ARD-"Tagesschau" am Donnerstagabend zu sehen. Auf die Frage des Reporters, warum die Aufregung um die Übergriffe in Amberg so groß ist, sagte der Minister: "Das liegt an den Medien. Das liegt nicht an der Polizei oder an der Amberger Stadtverwaltung." Also wieder einmal die Medien? Zum Teil hat Herrmann Recht, denn einige Medien sind auf ein Facebook-Video von Rechtsextremisten hereingefallen, in dem behauptet wurde, aufgebrachte Bürger sorgten jetzt selbst für Sicherheit in Amberg. Von einer rechtsextremen Bürgerwehr war daraufhin die Rede, bevor heraus kam, dass sich drei NPD-Mitglieder aus Nürnberg in der fränkischen Stadt selbst gefilmt hatten. Ein gezielter Fake also, der sich mit ein wenig Recherche aufklären ließ. Gut wäre gewesen, wenn einige Medien erst recherchiert und dann veröffentlicht hätten. Aber das war nicht der einzige Aufreger. Die Frage, warum vier gewalttätige Betrunkene ausländischer Herkunft eine solche Bedeutung bekamen, müsste am ehesten Herrmanns Parteifreund Horst Seehofer beantworten können. Er war es, der wegen der Gewalttaten gleich die geltenden Regelungen zur Abschiebung straffällig gewordener Asylbewerber verschärfen wollte. Darüber zu berichten ist Kernaufgabe des Politikjournalismus, Herr Herrmann! Ein Kommentar von Hendrik Zörner

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