Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Sachsen

Schwachen Medien im Osten? Von wegen!

29.08.2019

Wir Sachsen gehen am Sonntag zur Wahl, die Brandenburger ebenfalls. Nicht nur die Bundesrepublik schaut auf uns.

Was wird nach den wechselvollen Umfragewerten nun Wahlergebnis und wie wird die Politik der kommenden Jahre hier aussehen? Am Sonntagabend wissen wir mehr aber noch lange nicht alles. Es ist zu vermuten, dass es in beiden Bundesländern schwierige Koalitionsverhandlungen geben könnte. Warum die Wahl so oder so ausgeht, wird dann auch die Berichte und Kommentare der Medien bundesweit bestimmen. Erklärungsversuche, wie es sie immer wieder gibt. Für Sachsen dürfte gelten, dass die Regierungspartei der letzten drei Jahrzehnte, trotz der Beliebtheit des Ministerpräsidenten  ein erhebliches Stimmenminus hinnehmen muss. Ein Teil der konservativen Stimmen wird gemeinsam mit denen der Protestwähler an die AfD gehen. Vor ein paar Tagen war an dieser Stelle zu lesen, dass die fehlende Medienvielfalt zum Erstarken der AfD im Osten beigetragen habe. Nun, von fehlender Vielfalt dürfte zumindest in der sächsischen Medienlandschaft nicht die Rede sein und das gilt nicht nur für die Landeshauptstadt in der gleich vier Zeitungstitel um die regionale Lesergunst werben. Schauen wir auf Chemnitz, die drittgrößte Stadt im Freistaat nach Leipzig und Dresden und seit den Ereignissen vor einem Jahr immer wieder in den Schlagzeilen. Mit der "Freien Presse" ist hier die auflagenstärkste Regionalzeitung des Ostens ansässig und die "Morgenpost Sachsen" hat darüber hinaus nach wie vor einen starken regionalen Ableger in der sächsischen Metropole. Zusammen mit "Bild" stehen den Chemnitzern drei Tageszeitungen zur Verfügung, die unterschiedlicher nicht sein können. Für eine Großstadt mit rund 250.000 Einwohnern beachtlich. Hinzu kommen die elektronischen Medien von öffentlich-rechtlich bis privat und online. Trotzdem gab es Chemnitz 2018, im negativen wie im positiven Sinne. Denn dem eigentlich bedauerlichen Anlass folgten ein teils widerwärtiges Demonstrationsgeschehen und eben jenes Großkonzert mit geschätzt  65.000 Besuchern. Im Rückblick auf Chemnitz 2018 ist es medial inzwischen weitgehend verschwunden. Stattdessen aktuell bei Google:  "Chemnitz:  ...viele trauen sich nicht einmal in die Innenstadt", "Chatprotokolle zeigen Verabredung zu Hetzjagden", "Chemnitz - Mann zeigt Hitlergruß". Dieses Image wurde weitgehend durch überregionale Medien geprägt und wirkt nach. Von Vielfalt kaum eine Spur.... Wir, also der DJV, reden von Medien, Medienvielfalt, meinen aber meist nur die Tageszeitung und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Doch da tummelt sich inzwischen viel, viel mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen! Und das ist bunt und bei weitem nicht so unpolitisch, wie es auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag. Sachsen hat beispielsweise ein bundesweit einmalig dichtes Netz von 46 lokalen Privatfernsehanbietern und insgesamt 88 privaten Hörfunkprogrammen. Was da geboten wird, ist unter anderem beim Rundfunkpreis Mitteldeutschland der Landesmedienanstalten, zu sehen und zu hören. Am 6. September 2019 wird er in Halle vergeben. Und da sind auch fast unüberschaubar viele regionale und (sehr) lokale Blättchen, Zeitschriften und Blogs, die freien Radios und die Campus-Medien. Hinter allen Titeln stehen engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Journalistinnen und Journalisten. Was es medial im Freistaat so alles gibt, hat der DJV Sachsen auf seiner Website zusammengefasst. Die Sammlung ist nicht vollständig aber dennoch sehr beachtlich. Alle diese Medien bilden die Medienlandschaft des Freistaates und darin nimmt die Landtagswahl einen großen Platz ein. Die großen sächsischen Tageszeitungen haben sich beispielsweise zu gemeinsamen Wahlforen zusammengetan. Ein täglich erscheinender Politik-Newsletter informiert über aktuelle Berichte in allen großen sächsischen Printmedien. Die veränderte Medienlandschaft bietet viel. Aber eben auch viel Verwirrung. Deshalb haben die DJV-Landesverbände Sachsen und Sachsen-Anhalt, die übrigens seit fünf Jahren sehr eng und unkompliziert zusammenarbeiten, einen Antrag zur Medienkompetenz speziell im journalistischen Sinne zum diesjährigen Verbandstag des DJV eingebracht. Wie welche Medien funktionieren, muss in die Schulen. Medienvielfalt tut der Demokratie gut, wichtig ist aber auch, dass man sie stets richtig wahrnimmt und die Veränderungen, auch die der Rezipienten akzeptiert. Ich bin gespannt, wie vielfältig und engagiert die sächsischen und überregionalen Medien mit dem Wahlergebnis am Sonntag umgehen. Darüber wird zu reden sein. Das Dresdner Institut für Kommunikation an der TU hat das auch schon in der Planung: "Auf Safari in Sachsen – wie fair berichten Journalisten über Ostdeutschland? " Ein Kommentar von Michael Hiller, Geschäftsführer des DJV Sachsen.

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