Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Rechtsprechung

Urteile als Lobbymunition

26.07.2018

Erneut hat ein Gericht über die Digitalseiten eines öffentlich-rechtlichen Senders geurteilt. Das Landgericht Potsdam entschied sich gegen den Content eines bestimmten Tages auf der rbb-Homepage. Nach dem Umbau der rbb-Seiten ist das Urteil belanglos - oder doch nicht?

Tagesschau-App: rechtlich umstritten. Foto: Anja Cord

Das ist das Problem mit der Justiz in Zeiten der Digitalisierung: Wenn jemand gegen virtuellen Content klagt, geht es um das, was zum Zeitpunkt der Klage sichtbar ist. Wenn der Beklagte im laufenden Verfahren seine Seiten einem Relaunch unterzieht, ist das Urteil des Gerichts schon überholt, wenn es verkündet wird. So geschehen beim Landgericht Potsdam, das jetzt über die Klage von fünf Zeitungsverlagen gegen das Digitalangebot vom 23. Januar 2017 auf rbb24.de befand. Anderthalb Jahre danach urteilte das Gericht: juristisch unzulässig. Die Emotionen halten sich in engen Grenzen: Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, der über die Rechtsprechung gegen die Tagesschau-App geradezu in frenetischen Jubel ausgebrochen war, ließ sich zu dem Potsdamer Urteil noch gar nicht aus. Und der Rundfunk Berlin-Brandenburg ist weder schockiert noch betroffen. "Unser Angebot ist heute inhaltlich und formal bereits weit von dem aus dem Januar 2017 entfernt", heißt es in einer Erklärung des rbb. Frühere Urteile gegen öffentlich-rechtliche Digitalseiten hatten naturgemäß den gleichen Webfehler wie der Potsdamer Richterspruch. Sie bezogen sich immer auf inaktuelle Seiten. Aber sie haben Stimmung gemacht. Die Zeitungsverleger, denen die öffentlich-rechtliche Konkurrenz ein Dorn im Auge war, konnten gegenüber der Politik auf die Rechtsprechung verweisen. Letztlich mit der Konsequenz, dass sich die Ministerpräsidenten des Themas annahmen. Kürzlich beschlossen sie, dass der Telemedienauftrag neu definiert werden soll. Da kommt den Verlegern das Potsdamer Urteil wie bestellt. Ein Kommentar von Hendrik Zörner

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