Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Klimaschutz

Der Zoff um Lützerath

11.01.2023

In diesen Tagen steht die Räumung des Dorfs Lützerath durch die Polizei an. Klimaaktivisten wollen den Abriss des Dorfes verhindern. Hunderte Journalisten haben sich angemeldet.

Lützerath: Internationales Medieninteresse. Foto: Frank Röth

Bei manchen gewalttätigen Auseinandersetzungen gibt es unterschiedliche Wahrheiten: die der Polizei und die der Betroffenen. Oft lassen sich nur wenige Gemeinsamkeiten erkennen. Und wenn keine Medien dabei waren, fehlt auch der journalistische Blick auf die Dinge.
Davon kann im ehemaligen Dorf Lützerath in der rheinischen Braunkohleregion keine Rede sein. Seit dem Jahreswechsel wächst von Tag zu Tag die Zahl der Klimaaktivisten, die strikt gegen den Abriss der verlassenen Häuser sind. Und ebenso nimmt die Zahl der Polizeikräfte zu. Denn in diesen Tagen, womöglich schon heute, soll Lützerath geräumt und anschließend abgerissen werden.
Gerade vor dem Hintergrund der Energie- und Klimakrise kommt Lützerath eine Bedeutung zu, die über die Landesgrenzen hinausreicht. Deshalb sind unter den hunderten akkreditierten Journalistinnen und Journalisten auch zahlreiche ausländische Berichterstatter. Wer wissen will, was in Lützerath passiert, kann sich umfassend informieren und ist nicht allein auf Berichte von Demonstrationsteilnehmern angewiesen. Und auch nicht auf die Polizeiberichte, die naturgemäß die Sicht der Ordungskräfte wiedergeben, also keine objektiven Informationen sind.
Schwierig wird es jedoch, wenn Journalisten als Handlanger von RWE oder als Büttel des Staates diffamiert werden. Erste Postings dieser Art in den Social Media gibt es. Und noch schwieriger wird es für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort, wenn sie an der Berichterstattung gehindert werden. Das scheint vereinzelt bereits vorgekommen zu sein. Trotz klarer Zusagen der Polizeiführung, die Rolle der Journalisten zu respektieren, haben das wohl noch nicht alle Beamten im Einsatz verinnerlicht. Und Berichten vor Ort zufolge geben sich die Sicherheitskräfte von RWE nicht gerade pressefreundlich. Auch wenn der Konzern als Grundstückseigentümer das Hausrecht hat und auch wenn das Betreten des Betriebsgeländes in der Nähe der Tagebauabbruchkante lebensgefährlich ist, muss RWE Berichterstattung möglich machen. Im Zweifel steht das überragende öffentliche Interesse über dem Hausrecht. Auch und gerade in Lützerath.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner


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