Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Boris Reitschuster

Fakten überflüssig

22.12.2021

Boris Reitschuster, ehemals Focus-Journalist und jetzt Betreiber seines eigenen Blogs in Montenegro, soll seine Mitgliedschaft in der Bundespressekonferenz verlieren. Hinter der BPK-Entscheidung wittert er "Säuberung". Fakten und Journalismus scheinen bei Reitschuster nicht kompatibel zu sein.

Boris Reitschuster: hyperventilierende Meinungen. Foto: turi2

Die Statuten der Bundespressekonferenz sind klar: "Die Korrespondententätigkeit muss hauptberuflich als angestellte(r) Redakteur(in) oder freie(r) Journalist(in) für Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Wochen- und Monatszeitschriften, Nachrichtenagenturen, Presse- und Informationsdienste oder elektronische Medien ausgeübt werden, die ausschließlich gegen Entgelt verbreitet werden und einer sachlichen Information der Öffentlichkeit über das politische Geschehen dienen." Darauf gründet der Verein seine Entscheidung, den früheren Focus-Korrespondenten Boris Reitschuster auszuschließen. Beim Focus ist er schon lange nicht mehr, und für die BPK-Mitgliedschaft reicht es nun mal nicht aus, freiberuflich ab und zu in Tichys Einblick und anderen stramm rechten Postillen zu publizieren.
Und der eigene Blog schon gar nicht, wenn er fernab von Deutschland angesiedelt ist, meint die BPK: Reitschuster.de firmiert in einer montenegrinischen Stadt. Laut Süddeutscher Zeitung hat der Mitgliedsausschuss der BPK Reitschuster nicht kurzerhand rausgeschmissen, sondern zunächst gefragt, was es mit der Adresse in seinem Impressum auf sich habe. Als eine glaubhafte Aufklärung ausgeblieben sei, habe die BPK gehandelt, heißt es.
Und was macht er daraus? Einen Tweet, der in die Vollen geht: "Beginnt jetzt die "Säuberung", ohne rote Linien?" Wer denkt da nicht an Stalin? Eine Assoziation, die Russland-Kenner Reitschuster nicht unabsichtlich gewählt haben dürfte. Und was wird in Twitter daraus? Ein Festival der Verschwörungsideologen: 5.700 Likes und fast 2.200 Retweets in 19 Stunden. Von dieser Qualität: "Irrsinn! Wo sind wir! - Jetzt erst recht!!! - Das volle Programm dagegen!!" Oder so: "einfach nur noch widerlich, wie sich diese Politkasper aufführen. Da hat man sicher ordentlich Dreck am Stecken, wenn man zu solchen Massnahmen greift." Aber auch das gibt es: "du hast keinen blassen Schimmer, was die Bundespressekonferenz ist, oder? Aber offenbar eine klare Meinung."
Was scheren aktiv praktizierende Schwurbler schon Fakten, wenn sich Meinungen so schön hyperventilieren lassen? Von dem Journalisten Boris Reitschuster ist nicht mehr viel übrig.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner
 


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