Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Metzelder-Urteil

Grenzen überschritten

30.04.2021

Ex-Fußballer Christoph Metzelder wurde wegen der Verbreitung kinderpornografischen Materials zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Hat die Treibjagd einiger Medien damit ein Ende?

Den Stein gegen Christoph Metzelder ins Rollen gebracht hatte nicht eine Privatperson, sondern die Bild-Zeitung. Sie gab der Polizei einen Tipp - aus staatsbürgerlicher Verantwortung? Immerhin dürfen Journalisten in Deutschland nicht tatenlos zusehen, wenn Straftaten begangen werden. So hehre Absichten dürfen bezweifelt werden. Denn wie zufällig waren BILD-Mitarbeiter zugegen, als Metzelder verhaftet wurde. Anders als vom Pressekodex vorgeschrieben, nannten etliche Medien in der Folge den Verdächtigen mit vollem Namen und mit Foto. Das alles zu einem Zeitpunkt, da nach den geltenden Gesetzen die Unschuldsvermutung anzunehmen war.
Schon während der Ermittlungen gegen Metzelder war in der Öffentlichkeit von Vorverurteilung die Rede. BILD musste einen Teil der Berichterstattung aus dem Netz nehmen. Gestern nun wurde der Ex-Fußballer schuldig gesprochen, nachdem er ein Teilgeständnis abgelegt hatte. Weil er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, verließ er als freier Mann den Gerichtssaal.
Zurück bleibt ein ziemlich fader Beigeschmack. Denn es war nicht BILD allein, auch etliche andere Medien schoben den Pressekodex gern beiseite, wenn der Name Metzelder fiel. Das lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass es die Ermittlungsbehörden offenbar mit dem gebotenen Schutz des Verdächtigen auch nicht allzu genau nahmen.
Keine Frage: Boulevardjournalismus ist nötig und muss sich entfalten können. Aber auch für ihn gelten Regeln - und die legt nicht der Chefredakteur allein fest.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner


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