Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Meinungsforschung

Krieg? Geh mir weg!

25.05.2022

Die Deutschen haben vom Ukrainekrieg die Nase voll. Auf diesen Satz lassen sich die Ergebnisse einer tiefenpsychologischen Untersuchung reduzieren, die jetzt vorgestellt wurden. Was macht das mit den Medien?

Krieg: Bitte nicht zuviel davon. Foto: Sergey Dolzhenko EPA

"In den letzten Wochen wurden zum Thema Krise mehr als 130 Menschen in Gruppendiskussionen und Tiefeninterviews sinnbildlich je zwei Stunden auf die Couch gelegt. In der vergangenen Woche wurden ganz aktuell zusätzlich 12 Menschen qualitativ-tiefenpsychologisch befragt." So beschreibt das Rheingold-Institut die Methodik seiner Untersuchung zum Ukrainekrieg in Deutschland. 130 bzw. 142 Menschen sind bestimmt nicht repräsentativ für 81 Millionen Deutsche. Deshalb sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen.
Das Fazit der Untersuchung: Nach einer Schockstarre zu Kriegsbeginn blenden viele Menschen die Kampfhandlungen aus, wollen offenbar nicht ständig mit Eilmeldungen und vor allem nicht mit Bildern aus der Ukraine konfrontiert werden. Stattdessen stehen Heilewelt-Geschichten offenbar hoch im Kurs.
Und was folgt daraus für uns Journalisten? Zum einen, dass die Linie der Redaktionen in den zurückliegenden Wochen richtig ist, neben der Kriegsberichterstattung auch viele andere Themen zu behandeln. Das darf aber nicht dazu führen, dass der Ukrainekrieg nur noch im Meldungsformat abgebildet wird. Zum einen hat er nichts von seinem Schrecken verloren, zum anderen findet er mitten in Europa statt, gerade mal 1.000 Kilometer östlich von uns. Und zum dritten sind seine Folgen in allen deutschen Städten zu spüren, nur schon durch die wachsende Zahl an Flüchtlingen aus der Ukraine.
Der Journalismus und die ganze Gesellschaft haben bisher keine Erfahrungen damit, wie sie angemessen mit einem Krieg in der Nachbarschaft umgehen sollen. Deshalb sind Untersuchungen wie die des Rheingold-Instituts wichtig. Aber schön wäre, wenn sie denn auch repräsentativ wären.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner


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