Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Ausschreitungen in USA

Zu wenig von ARD und ZDF?

07.01.2021

Während Teams von ARD und ZDF in Washington, D.C. attackiert wurden, wird gleichzeitig die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender teils heftig kritisiert. Zu Recht?

tagesthemen-extra am 6.1.2021. Screenshot: tagesschau.de

ARD und ZDF hätten am Mittwoch in der Berichterstattung rund um die Stürmung des US-Kapitols ähnlich versagt wie die Polizisten und Sicherheitsleute, die das Gebäude nicht ausreichend gegen die radikalen Trump-Anhänger geschützt haben. So lautet die teils massive Kritik in den Sozialen Medien am Mittwochabend.

Der Tagesspiegel berichtet, dass beispielsweise ein Twitter-Nutzer schrieb: „In der ARD läuft ,Die Liebe des Hans Albers‘, im ZDF ,Balkan-Style‘. Warum sendet ihr nicht live aus #WashingtonDC?“. Auch aus den eigenen Reihen kam Schelte. Der ehemalige Leiter des ARD-Hauptstadtstudios Ulrich Deppendorf beschwerte sich in ähnlicher Weise: „In Washington gibt es einen Anschlag auf die US-Demokratie und DAS ERSTE sendet Hans Albers! Verstehen tue ich das nicht mehr. Auch nicht das ZDF“, twitterte er.  Und Claus Kleber vom ZDF-„heute-journal“ empfahl nicht die eigenen hauseigenen Produktionen, sondern direkt einen US-amerikanischen Sender: „Unfassbare Szenen im US #capitol. #CNN einschalten. Sofort“.

Doch bei aller zum Teil ja auch berechtigten Kritik: Die öffentlich-rechtlichen Sender haben durchaus schnell und umfassend aus Washington, D.C. berichtet. Allerdings kennen die meisten Kritiker anscheinend nur die Hauptprogramme und nicht die eher spezialisierten Kanäle der Öffentlich-rechtlichen.

So twitterte die Pressestelle der ARD „Um 21.45 Uhr gab es bereits ein zehnminütiges ,Tagesthemen extra‘. Außerdem gibt‘s alle Entwicklungen aktuell bei tagesschau24, im Liveblog von tagesschau.de und im Livestream von @phoenix_de“. Das ZDF verwies auf die Live-Berichterstattung des von ARD und ZDF gemeinsam betriebenen Programms Phoenix.

Thomas Lückerath vom Medienmagazin DWDL schaute auf Twitter genau hin: „Gerade mal gecheckt: Phoenix hat um 20.40 Uhr als erster deutscher Sender das Programm unterbrochen, n-tv um 20.46 Uhr und um 20.50 Uhr folgte Welt. Um 20.57 Uhr war Tagesschau24 live. Und ab 21.45 Uhr dann auch im Ersten und ZDF.“ 

Insofern ist viel von dieser Kritik an ARD und ZFD doch sehr oberflächlich und wohlfeil, weil allein danach geurteilt wird, inwieweit sie ihre Hauptprogramme unterbrochen haben – was mit den „tagesthemen extra“, vorgezogenen und verlängerten „tagesthemen“ und einem verlängertem „heute journal“ ja sogar geschehen ist. Und auch die Internetangebote der öffentlich-rechtlichen Sender versorgten durchgehend mit aktuellen Informationen und Live-Bildern. Allerdings sollten sich die Verantwortlichen in den Sendern doch mal fragen, ob in solchen „Breaking News“-Situationen nicht wenigstens ein Hinweis in den Hauptprogrammen per Scrolltext oder ähnlichem angebracht sein könnte.

Ein Kommentar von Paul Eschenhagen


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