Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Urheberrecht

Der Google-Imperialismus und seine Kritiker

29.11.2012

Ein Gespenst geht um in Deutschland: Google


Die Frankfurter Allgemeine Zeitung setzt ihre Artikelserie "Argumente für ein Leistungsschutzrecht" mit unverminderter Kraft fort.  Am heutigen Donnerstag, 29. November, findet sich auf der Startseite im Kommentarbereich ein Beitrag mit der bemerkenswerten Überschrift "Google-Imperialismus".

Imperialismus? Von Rosa Luxemburg haben wir im Geschichtsunterricht (im Abschnitt "Imperialismustheorien") seinerzeit gelernt: Die Wirtschaft will und muss grenzenlos wachsen, sonst geht sie pleite. Ständige Expansion in unerschlossene Gebiete, mit einem gewissen Touch an Skrupellosigkeit, das ist Imperialismus. Oder so ähnlich.

So weit könnte der Vergleich mit Google ja noch stimmen, denn auch
Google will wachsen - und Skrupel kennt die Firma wohl eher keine. Das wissen beispielsweise auch die Autoren und Journalisten in den USA, die seit Jahren gegen Googles Buch-Scan klagen und  kaum weiter gekommen sind. Ein wenig fehlt es Google allerdings an einem anderen Merkmal imperialistischer Einheiten: Staatlicher Macht oder zumindest Unterstützung. Oder möchte die FAZ behaupten, in der Causa Google würde die zeitnahe Intervention der US-Armee drohen?

Staatliche Unterstützung finden derzeit eher die deutschen Verleger mit ihrem Projekt des Leistungsschutzrechts, das heute Nacht im Bundestag zur ersten Lesung aufschlägt.  Das Bild der maßlosen Expansion passt im Übrigen auch zu den deutschen Verlagen. Übernahmen und Konzentrationsprozesse sind an der Tagesordnung. In den achtziger Jahren schon gab es Titelbilder vom DJV-Medienmagazin "journalist", das den WAZ-Konzern als Krake zeigt, die sich alle Verlage in Nordrhein-Westfalen greift. Nicht ohne Grund gab es einmal ein (in diesem Jahr allerdings entkräftetes) Pressefusionsrecht.

Aber natürlich sind auch die deutschen Verlage keine Imperialisten, sondern wie Google nur schnöde Geschäftemacher. Sie kritisieren an Google nur, was sie selbst praktizieren.

Die Auseinandersetzung zwischen den Verlagen und Google erreicht in jedem Fall weitere Abgründe, nicht nur semantischer Art. So war zuletzt die Behauptung zu hören, Google hätte die Kritik der Bundesjustizministerin an der Google-Kampagne in seinen Suchergebnissen wegmanipuliert, zumindest für einige Stunden. Umgekehrt erklärte der Google-Chef laut New York Times, die deutschen Verlage würden die öffentliche Meinung über eine Kampagne in ihren eigenen Blättern manipulieren. Im gleichen Beitrag  in der New York Times wurde zugleich die Ansicht vertreten, Urheberrechtler aus der Urheberrechtsvereinigung GRUR hätten öffentlich gegen das Vorhaben eines Leistungsschutzrechts protestiert. Als treue Leser einschlägiger deutscher Zeitungen fanden wir von diesem Vorgang in unseren renommierten Zeitungen nichts - sicherlich aber nur ein Zufall, dass dieser Vorgang in der Berichterstattung unter den Tisch fiel.

Manipulieren Verlage?

Klar, das tun sie. Die deutschen Verlage haben beispielsweise auch 2002, als der DJV zusammen mit der dju und anderen Verbänden ein wirksames Urhebervertragsrecht einführen wollten, das Vorhaben der damaligen Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin manipulativ bekämpft - mit Beiträgen, Werbekampagnen und Hand in Hand mit dem Privatfernsehen, über dessen Fernsehserien warnende Banner geschaltet wurden ("Wenn die Reform des Urheberrechts kommt, wird eine Serie wie diese nicht mehr möglich sein"). Folge: Das Gesetz wurde auf Intervention des damaligen Kanzlers Schröder so abgemildert, dass der  Rechtsanspruch auf angemessene Vergütung und auf faire Vergütungsregeln stark verwässert wurde. Bis heute erhalten Urheber daher keine wirklich wirksamen Ansprüche, wenn sie für Verlage als freie Journalisten tätig sind.

Aber wen interessiert das schon? Nach wie vor spielen die Urheber im Kampf der zwei großen Industriegruppen, der herkömmlichen Verlagswirtschaft mit dem Monopolisten in Sachen  Suchmaschinen (92% des Marktanteils) keine Rolle. Weder Google noch die Verlage haben sie auch nur ansatzweise im Blickwinkel. Dabei geht es um Inhalte, die von ihnen erstellt wurden.
Michael Hirschler, hir@djv.de
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