Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

der freienblog

Trends

Hilfe, mein Blog ist sanft entschlafen

28.02.2014

Bloggen ist so vorgestern, wie Facebook so allenfalls gerade noch so von gestern abend ist. Was ist app?

Ein Blick in die Vergangenheit: Als Digitales noch "hip" war

Die Idee vom Blog war für den freien Publizisten so einfach wie bestechend: Einfach in die Tasten hauen, sein Genie live unter Beweis stellen und anschließend auf Textbestellungen von Verlagen nur warten. Kam auch so, jedenfalls beinahe.

Zunächst einmal gab es viel Zuspruch von alten Bekannten, die das allesamt für eine gute Idee hielten, weil man so mehr in Kontakt bliebe. Dann meldeten sich einige eher dubiose Dienste, die einen "Linktausch" zur wechselseitigen Optimierung vorschlugen. Danach kamen etwas dubiosere Leute, die entdeckt hatten, dass der Blog nicht suchmaschinenmäßig optimiert war und deswegen jede Menge "SEO" brauchte. Anschließend kamen richtig dubiose Angebote, in denen neben Schwarzgeld der nigerianischen Nationalbank auch allerlei Wundermittel gegen physische Probleme aller Art angeboten wurden. Es folgten richtig dunkel-dubiose Vorschläge, weil man so gut bloggen könnte, doch eben mal kostenlos mitzubloggen auf einer Plattform, die unter anderem bei T-Online liefe, zwar kein Honorar zahle, aber ein ungeheimlicher Prestigegewinn sei, weil dort auch die Käßmann (ebenfalls kostenlos) mitblogge. Konnte es noch finsterer kommen?

Eigentlich fehlte zum endgültigen Abstieg in das Herz der Finsternis nur noch eine generöse Einladung von der "Huffington Post Deutschland", ihrem Kostenlos-Club (ein Medium, das keine Honorare zahlt) beizutreten. Oder eine Einladung zur Pressereise nach Tschetschenien, zum Ramzan, weil zumindest dieser Blogger gut findet, besser jedenfalls als Journalisten (durchaus verständlich).

Es begannen die kleinen Fluchten. Erst nach Facebook, wo anfangs noch richtig viele Freunde gewonnen werden konnen, gleichzeitig nach Twitter, wo Pioniergeist herrschte. Irgendwann merkte man allerdings, dass die Leute sich über "Was´n ab" verständigten, ungeachtet der Tatsache, dass der Dienst das gesamte Telefonbuch ins Netz abzusaugen pflegte. Kaum wollte man sich also wider bessere Vernunft für dieses, englisch korrekt buchstabiert, "Whatsapp" entscheiden, hatte genau dieser Dienst auch irgendeinen einen Skandal (nichts mit ADAC, aber mindestens genau so schlimm), und die Suche ging wieder los.

Über all diesen schwierigen Entscheidungen blieb der Blog des freien Publizisten liegen. Mit schlechtem Gewissen wurde er schleppend weitergepflegt. Immerhin bekam jeder neue Blog-Beitrag immerhin rund 100 Spam-Kommentare, also eigentlich ziemlich viel Aufmerksamkeit.

Eines Tages wachte der Publizist auf. Er klickte auf seine Website - und löschte einfach alles. Blog, Facebook-Freunde und die Twitterei. Danach schrieb er sich einen neuen Vorsatz auf den Badezimmer-Spiegel: Kontakte zu Redaktionen aufbauen.

Dann grübelte er noch einmal, ob er sich erinnerte, wie er das früher so gemacht hatte. Anrufen? Mal vorbeigehen? Die Leute irgendwie treffen? So richtig, ohne digitale Mattscheibe?

Das 21. Jahrhundert erschien ihm plötzlich als große Herausforderung.



...meint jedenfalls: Alexander Alexandrowitsch Blog


Newsletter

Cookie Einstellungen