Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Soziales

Status von Selbständigen verbessern - DIE ZEIT lässt diskutieren

02.06.2014

Mit Knebelverträgen für Selbständige arbeiten und wenig Honorar zahlen - und sich als Forum für Armutsdebatten aufspielen?


"Selbständig arbeiten ist für viele ein Traum. Vielen Selbständigen fehlt aber das Geld für soziale Absicherung und Altersvorsorge. Wie lässt sich ihr Status verbessern" Diese Frage lässt DIE ZEIT seit dem 29. Mai debattieren.

DIE ZEIT als Forum der Diskussion darüber, wie sich die Situation von Selbständigen verbessern lässt? Freie Journalisten haben in den letzten Jahren ihre eigenen Erfahrungen mit der ZEIT gemacht. Knebelverträge wurden ihnen vorgelegt, ihr Berufsverband, der DJV, klagte gegen die Klauseln. Es musste erst zu gerichtlichen Verboten von Teilen der Verträge bekommen, bevor die ZEIT Veränderungen an Verträgen vornahm.

Nach wie vor allerdings schätzen viele Freie ihre Situation an der ZEIT aber als prekär ein. Die jetzigen Verträge der ZEIT sind aus ihrer Sicht nach wie vor nicht von partnerschaftlicher Zusammenarbeit geprägt, erst recht reichen die gezahlten Honorare meist kaum dazu aus, um fundierte Recherche in nachhaltiger Weise betreiben zu können. Selbstausbeutung wird von der ZEIT ganz selbstverständlich vorausgesetzt, die dann auch noch die Stirn hat, sich als Forum für Armutsdebatten zu profilieren. Dabei weiß jede/r: Das Hauptproblem für die Selbständigen ist nicht die Sozialversicherung "an sich", sondern Auftraggeber, die mit nachteiligen Verträge und geringen Honoraren arbeiten. Denn eine Sozialversicherung kann letztlich nur auszahlen, was an anderer Stelle eingezahlt wurde. Wenn aber Auftraggeber auf Scheinselbständigkeit sowie bei echten Selbständigen auf Niedrighonorare setzen, kann am Ende auch nichts rauskommen.

Kein Wunder, dass bei den Freien im DJV schon lange die Forderung nach gesetzlichen Mindesthonoraren erhoben worden ist - und natürlich die Forderung, dass das Recht auf angemessene Vergütung und Vergütungsregeln auch durch Verbandsklage gegenüber Presseunternehmen - wie etwa der ZEIT - durchgesetzt werden können. Dabei ist klar, dass ein wirklich verbindliches Mindesthonorar auf nicht weniger Widersprüche stoßen würde als der geplante Mindestlohn - zumindest als Signal und zugleich juristisch durchaus in einigen Fällen nutzbares Instrument könnte er eine gewisse Funktion entfalten.

Wie dem auch sei: DIE ZEIT setzt bei ihrem Themenfokus dabei sogar auf Beteiligung:

"Wenn Sie einen Erfahrungsbericht schreiben möchten, den wir als Leserartikel veröffentlichen können, nutzen Sie bitte unser Online-Formular oder senden Sie ihn an leseraufruf@zeit.de, Stichwort "Selbständige". Konkrete Vorschläge, wie man die Situation von Selbständigen verbessern könnte, sammeln wir im Kommentarbereich zu diesem Aufruf. Eine Auswahl der Einsendungen veröffentlichen wir in den kommenden Wochen. Außerdem planen wir, das Thema in Livedebatten mit Experten zu diskutieren."

Es ist zu vermuten, dass sich auch eine Reihe von Freien daran beteiligen werden. Dabei kann nicht einmal ausgeschlossen werden, dass DIE ZEIT sogar einige solcher Zuschriften veröffentlicht, auch wenn die deutsche Presse in eigener Sache, etwa bei Tarifkonflikten bei Zeitungen und Zeitschriften, normalerweise eher auf Nachrichtensperre setzt. Egal, was kommt, es darf ein Hochamt der Heuchelei erwartet werden.


MH


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