Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Urheberrecht

Endkampf ums Leistungsschutzrecht?

27.11.2012

Verlagskolosse gegen Netzgiganten: Die Urheber als Statisten

Riskante Seite? Leistungsschutzrecht.info schmeckt nicht jedem


Endkampf ums Leistungsschutzrecht. An diesem Sonntag prognostizierte der FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher in einem ganzseitigen Beitrag den Untergang des Journalismus angesichts einer rücksichtslos manipulierenden Netzwirtschaft.  Am heutigen Dienstag wurden dann Anzeigen der Anti-Google-Initiative "Fair Search" geschaltet. Diese Veröffentlichungen sollen vor allem eines publizistisch flankieren: die am 29. November im Bundestags stattfindende ersten Lesung des Gesetzes über die Einführung eines Leistungsschutzrechtes. Die Firma Google startete ihrerseits am heutigen Dienstag mit einer Netzkampagne eine Kampagne gegen das Leistungsschutzrecht, das in der jetzigen Vorlage vor allem eine Abgabepflicht von Suchmaschinen einführen wird. 

Der Bundestag berät demnächst über ein Leistungsschutzrecht. Dieses soll Verlagen gegenüber Suchmaschinen und anderen Diensten das Recht geben, Suchergebnisse für Presseartikel zu verbieten oder von einer Zahlung abhängig zu machen. Für Dich würde es damit deutlich schwerer, im Internet die Informationen zu finden, die Du suchst. Verteidige Dein Netz gegen diesen weltweit einmaligen Eingriff, misch' Dich ein und teile diese Seite mit Freunden!

Die neue Kampagne läuft damit parallel zu den Aktionen der von Google unterstützten Initiative IGEL und der Aktionsplattform leistungsschutzrecht.info, die allesamt seit Monaten mit allen Mitteln der Netzkunst gegen ein Leistungsschutzrecht trommeln.

Die Argumentation von Google ist bemerkenswert, weil Google ein Eigentor schießt. Die Firma bestätigt mit dem Kampagnenaufruf indirekt die Argumente der Verlage, weil Google selbst mit dem Nutzwert der Bereitstellung von Pressebeiträgen in Google wirbt. Google erleichtert das Finden von Pressebeiträgen, leistet also einen nutzwertigen Service, so das Argument. Google bestätigt also, was es immer bestritten hat. Bisher war immer die Behauptung, die Verlage profitierten von der Vermittlungsleistung von Google, weil Google ihnen Besucher bringe. Jetzt räumt Google erstmals ein, dass es ganz bewusst die Pressebeiträge für einen eigenen Service nutzt: Google erleichtert das Finden von Pressebeiträgen und verlängert damit den Aufenthalt von Internetnutzern in seinem digitalen Ökosystem, wodurch die diversen Google-Dienste natürlich erheblich aufgewertet werden.

Seitens der Verleger war zu hören, dieser direkte Aufruf an die Internetnutzer sei unfair, da auch die Verlage den Leser nicht entsprechend mobilisiert hätten. Eine durchaus gewagte These wiederum, wo doch in den letzten Monaten und wie gesagt gerade erst am Sonntag Positionen der Verlagswirtschaftschaft in der Presse veröffentlicht wurden. 

Die Beteiligung der Urheber an den Erlösen aus einem Leistungsschutzrecht wie auch die Auswirkung der Einführung auf ihre Rechte erscheint nach wie vor unklar. Auch die Frage, warum das Leistungsschutzrecht nicht durch eine paritätisch von Verlagen und Urhebern besetzte Verwertungsgesellschaft wahrgenommen wird, stellt sich nach wie vor. Der Anspruch auf angemessene Beteiligung der Urheber erscheint fragwürdig, wenn für seine Ausschüttung die Verlage zuständig sein sollen. Denn die Verlage haben bereits vor zwei Jahren Vergütungsregeln für angemessene Vergütungen von Journalisten abgeschlossen, an die sich praktisch kein einziger Verlag in Deutschland hält. Von solchen Verlagen soll ernsthaft erwartet werden, dass sie Journalisten angemessen an den Erlösen aus einem Leistungsschutzrecht beteiligen? Nur eine paritätisch besetzte Verwertungsgesellschaft könnte das gewährleisten.

Im Endkampf der Mediengiganten scheinen die Urheber derzeit aber keine Rolle mehr zu spielen. Ob der Bundestag sich angesichts des Problems noch zu einer Korrektur des Gesetzentwurfs durchringt, ist daher fraglich. Besser wäre es.


Michael Hirschler, hir@djv.de
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