Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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DJV-Freisinn

Tarife für Freie verhandeln - schwierig, aber nicht immer unmöglich

02.03.2018

Nicht immer nur jammern, heißt die Devise

"DJV-Freisinn" ist eine Serie von Beiträgen, in denen in kurzer Form Angebote für freie Journalisten vorgestellt werden. Es geht dabei um Serviceleistungen des DJV und von anderen.

Der DJV ist Berufsverband für Freie, aber ganz bewusst auch eine Gewerkschaft für Freie. Warum legt der DJV anders als andere, die geradezu frömmlerisch einzig und allein den Begriff des Berufsverbandes für sich propagieren, so viel Wert darauf, auch eine Gewerkschaft für Freie zu sein?

Ganz einfach: Der Gesetzgeber ermöglicht es in § 12 a Tarifvertragsgesetz explizit, dass für freie Journalisten Tarifverträge geschlossen werden können. Das hat diverse Vorteile: beispielsweise können Arbeitgeber bei Protesten von Freien nicht einfach mit dem "Kartellrecht" argumentieren.

Kartellrecht, warum sollten Auftraggeber damit argumentieren? Ganz einfach: wer sich als Verband auf den Standpunkt stellt, Freie seien ganz normale, echte Unternehmer, muss wissen: Echte Unternehmen dürfen sich nach europäischem Karellrecht nicht einfach zusammenschließen und von ihren Kunden bestimmte Preise verlangen. Wer ständig davon redet, dass Freie nichts als Unternehmer sind, riskiert damit, dass ihm das Kartellrecht entgegengehalten wird.

Für den DJV ist es in bestimmten Auseinandersetzungen mit Auftraggebern von Freien von entscheidender Bedeutung, als Gewerkschaft auftreten zu können und für Freie einen Tarifvertrag fordern zu können. Selbst wenn in vielen Branchen derzeit kein Tarifvertrag durchgesetzt werden kann, sondern nur punktuelle Vertragsverbesserungen, erweitert die gewerkschaftliche Orientierung den Aktionsspielraum. Denn damit hat der Auftraggeber keine Möglichkeit, das Kartellrecht als Totschlagsargument zu nutzen.

Auch wenn es niemand glauben mag, immer wieder versuchen Medienhäuser, Kritik an der Behandlung von Freien mit dem lapidaren Hinweis auf den Unternehmerstatus der Freien zu stoppen. Erst der Hinweis darauf, dass das deutsche Recht Freie auch über das Tarifvertragsrecht schützt und daher sehr wohl höhere Honorare gefordert werden können, wischt dieses Argument wirksam vom Tisch.

Das Kartellrecht als Mittel zur Diskursverweigerung: aktuelle Taktik des Zeitungsverlegerverbandes, um eine Neuverhandlung der Vergütungsregeln an Tageszeitungen zu blocken. Die Vergütungsregeln sind ja im Prinzip eine Möglichkeit, außerhalb von Tarifverträgen Honorare für "Urheberrechts-Unternehmer" zu regeln. Der Verlegerverband hat derzeit allerdings nichts Besseres zu tun als alle Bestimmungen zu Vergütungsregeln im Urheberrechtsgesetz zum Verstoß gegen europäisches Kartellrecht zu deklarieren, nachdem er vorher jahrelang - auf dem Papier - die Existenz von Vergütungsregeln akzeptiert hatte. Natürlich akzeptieren der DJV und ver.di diese Argumentation nicht, allerdings zeigt der Fall, dass eine reine Berufsverbands- und Unternehmerideologie erhebliche Nachteile haben kann. Es ist immer gut, wenn auch die Option vorhanden ist, als Gewerkschaft aufzutreten und Tarifverträge einzufordern.

Funktionierende Tarifverträge für Freie, von DJV und ver.di durchgesetzt, gibt es seit den 70er Jahren an den Rundfunkanstalten. Ihr Inhalt ist stark davon abhängig, was die Freien am jeweiligen Sender in langjährigen Diskussionen als ihr gutes Recht reklamiert haben. Das Prinzip "Jammern" hilft dabei übrigens nicht. Wer etwas an seiner Rundfunkanstalt für sich und andere ändern will, muss in DJV oder ver.di eintreten und dann zu den Treffen der Tarifbeauftragten gehen. Dort gilt es, die eigenen Anliegen zu erläutern und anschließend auch in wiederholten Runden mit den Geschäftsführungen durchzudiskutieren. Bis hin zur Mitwirkung an Streikaktionen, ohne die vieles auch schon nicht mehr durchzusetzen ist.



Lange Diskussionen hinter den Kulissen: Freie und Feste am rbb gemeinsam für bessere Freien-Honorare



Hinter den Kulissen sind Freie in DJV und ver.di das ganze Jahr hindurch aktiv, führen lange Diskussionen darüber, welche Forderungen Priorität haben und welche Honorarsätze in jedem Fall zu erhöhen sind. Schade ist es da, wenn andere Freie demgegenüber im Jammer-Modus verbleiben und keinerlei Unterstützung für diejenigen leisten, die am Verhandeln sind.

In jeder Rundfunkanstalt gibt es Betriebsgruppen der Gewerkschaften, die auf Mitwirkung der Freien im Sender angewiesen sind. Nicht immer nur jammern, informieren und mitdiskutieren, heißt die Devise. Interessierte Freie können sich bei der DJV-Geschäftsstelle melden, wenn sie die zuständigen Ansprechpartner kennenlernen möchten. Natürlich befinden sich die Kontaktleute allerdings auch im Intranet der Sender und den Schwarzen Brettern in den Häusern: melden, bitte!

Ein guter Motivations-Treff für "Rundfunk-Freie" wird übrigens wieder im April stattfinden: der bundesweite ARD-Freien-Treffen. Wer etwas an seiner Rundfunkanstalt (mit) bewegen will, solllte hier nicht fehlen.

Für andere Medienbereiche gilt: auch hier wäre manches besser, wenn sich Freie rund um ihren Verlag, ihre Agentur oder Privatsender engagieren würden. Wie das geht, muss im Einzelfall mit der eigenen Gewerkschaft diskutiert werden. Patentrezepte gibt es zwar nicht, aber es gibt durchaus Besseres als mit reiner Unternehmerideologie verkleisterte Schicksalsgläubigkeit.



Michael Hirschler, hir@djv.de (Text und Foto)



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