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Verleger kritisieren HuffPo-Journalismus - weil sie es selbst lieber machen würden?

21.06.2013

Debatte über kostenlose Blogger geht weiter


Der Verlegerverband kritisiert die "Huffington Post" als Gratiszeitung und Angriff auf nachhaltige, bezahlorientierte Modelle für digitale publizistische Angebote. Auf einem Verlegerkongress in Frankfurt hatte allerdings auch der Herausgeber der deutschen "HuffPo" die Gelegenheit, das eigene Vorhaben darzustellen. 15 Redakteure sollen eine "Blogger-Community" aufbauen, diese sei ein "wesentlicher Teil" des Vorhabens.

Kostenlose Mitarbeit zur Wertschöpfung - eine Idee, die nicht wirklich neu ist. Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten versuchen Internetfirmen, Bürger zum Bloggen und anderweitigen Aktivitäten auf ihren Plattformen zu bringen, um diese "Kontakte" dann gegenüber Werbekunden als Argument für Anzeigenschaltungen zu nutzen. Was vor langer Zeit auf Internetangeboten wie etwa "Geocities" begann, findet heute bei Facebook statt und ist jetzt für Plattformen wie der Huffington Post geplant.

Auch die deutschen Verleger versuchen in den letzten Jahren auf unterschiedlichste Weise, kostenloses Material zu erhalten, etwa durch "Leserreporter" oder  wie etwa in der FREITAG-Community - durch Bereitstellung von Foren und forenähnlichen Blogspielwiesen. Und eine Reihe von Verlegern hat auch schon seine "Expertendienste", in denen Berufstätige wie etwa Rechtsanwälte, Ärzte oder Apotheker über Themengebiete rund um ihren Beruf schreiben und beraten.

Davon abgesehen wird ein Großteil der freien Mitarbeiter zu Honoraren beschäftigt, die schon heute eher als ehrenamtliche Aufwandsentschädigung denn als Entlohnung verstanden werden können. Angesichts dieser Praxis erstaunt eher, warum die Verlage so empört tun. Auch sie tendieren im Übrigen nach wie vor mehrheitlich dazu, ihre Online-Informationen (ganz wie die Huffington Post) kostenlos ins Netz zu stellen.

Der Verdacht liegt nahe, dass der Ärger nicht so sehr wegen des Geschäftsmodells aufkommt, sondern vor allem deswegen, weil ein ausländischer Player sich anmaßt, sein Geschäftsmodell auf den deutschen Markt zu bringen. Wobei nicht übersehen werden darf, dass er ja mit Tomorrow-Focus einen inländischen Partner gefunden hat. In der Vergangenheit hatten deutsche Verlage das Eindringen skandinavischer Gratisverlage in den wohlmonopolisierten deutschen Zeitungsmarkt erfolgreich verhindert, indem sie selbst mit - inzwischen wieder eingestellten - Gratiszeitungen auf den Markt traten.

Seien wir ehrlich: Es geht ganz bestimmt nicht darum, dass die deutschen Verlage Journalisten, erst recht freie Journalisten, für irgendetwas angemessen bezahlen wollen. Es geht allein darum, dass ein ausländischer Verlag (mit Hilfe eines deutschen Partners) in ihrem Revier wildert. Das soll nicht sein, das darf nicht sein, so die einfache Botschaft.

Das einzige wirkliche Argument gegen die Arbeit mit 10.000+ Bloggern könnte sein, dass ein Großteil von diesen nicht bloggt, um objektive Informationen zu liefern, sondern oft allein deswegen, um Werbung für sich selbst oder das eigene Geschäft bzw. Anliegen zu machen. Was letztlich heißt, dass die Huffington Post eher eine Art Kundenmagazin sein wird, nicht aber objektive Information. An dieser Stelle könnten umtriebige Verlage ihren Finger in die Wunde stecken und zeigen: Unsere (freien) Mitarbeiter sind nicht abhängig beschäftigt - und sie arbeiten alleine, weil sie Honorar für wertigen Journalismus bekommen.

Leider ist das in der Tat recht unwahrscheinlich. Weil schon heute die Honorare vieler freier Journalisten so weit im Keller sind, dass auch freie Journalisten in der Zeitung manchmal nur noch schreiben, weil sie damit vielleicht ein wenig PR für sich selbst oder - ja, das soll es trotz Pressekodex geben - für Kunden zu machen, die sie neben der journalistischen Tätigkeit "auch noch haben". Genauso wie manche Zeitung sich selbst inzwischen als Kundenmagazin der ortsansässigen Unternehmen und der Stadtverwaltung ansehen mag.

Der - absehbare - Erfolgsgrund für das Konzept der HuffPo wird die Schwäche von Verlagen sein, die ihren Qualitätsanspruch allzu gerne opfern, um Gewinne zu erwirtschaften - und ihre Freien nur mit Kleckerbeträgen bedenken.


Michael Hirschler, hir@djv.de
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