Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Raus aus den Kinderschuhen?

Crowdfunding – so geht’s.

22.10.2014

Gastbeitrag von Andreas K. Bittner zur Diskussion im Rahmen der DJV-Tagung "Besser Online" 2014

Andreas K.Bittner moderierte das Panel mit Lisa Altmeier und Steffi Fetz. Foto: Florian Büh

Crowdfunding ist kein eigentlich neues Thema. Schon in vor-digitaler Zeit, im Jahr 1773, baute Friedrich G. Klopstock nach englischem Vorbild eine Vertriebsstruktur auf, von der er annahm, sie würde für viele weitere Subskriptionsaktionen nützlich sein. Faktisch blieb es bei einem Werk: Die Deutsche Gelehrtenrepublik. Crowdfunding war auch für bestens vernetzte, prominente Sturm-und-Drang-Dichter kein Selbstläufer. Mit der Reichweite des Internets und der skalierbaren Mundpropaganda über Soziale Medien ist diese Finanzierung aus dem privaten und digitalen Umfeld, der Crowd, in neue Dimensionen vorgestoßen. Der Musiker Neil Young hat über die amerikanische Plattform Kickstarter über 6 Mio. US-Dollar für sein digitales Musiksystem eingesammelt. In Deutschland haben mehr als 3000 Crowd-Anleger einen Kinofilm mitfinanziert, der auf der beliebten Fernsehserie "Stromberg" basierte. Journalistische Projekte haben es da meist schwerer, Aufmerksamkeit und ausreichende Finanzierung zu bekommen. Auf der (ursprünglichen) Plattform Krautreporter sammelten in den vergangenen zwei Jahren mehrere individuelle journalistische Projekte einige Tausend Euro ein. Inzwischen hat sich das Konzept geändert; mit einer 28-köpfige Redaktion wollen die Krautreporter zunächst ein Jahr lang ein neues Onlinemagazin auf die Beine stellen. Für das Magazin, das in den nächsten Tagen an den Start gehen dürfte,  sind mehr als 900.000 Euro – über 15.000 Abonnements à 60 Euro – zusammengekommen. Der DJV bietet übrigens jungen Journalistinnen und Journalisten in Kooperation mit der Rudolf Augstein Stiftung einige dieser Abos kostenlos an.

Besser Online 2014 Bei Besser Online stellten zwei junge Journalistinnen einen frischen und sehr persönlichen Ansatz vor, mit dem sie über die Plattform Startnext ihr Crowdfunding-Ziel von zunächst 4000 Euro deutlich überschritten. Lisa Altmeier (@weltanschauer) und Steffi Fetz (@steffifetz), beide 26, haben sich an der Deutschen Journalistenschule kennengelernt. „Wir lieben das Abenteuer und Online-Journalismus,“ sagen sie über sich selbst. Zusammen nennen sie sich @crowdspondent . Der Begriff spielt natürlich auf die Crowd an, die die Projekte der beiden Journalistinnen aber nicht nur finanzieren soll. Eine wesentliche Rolle spielen die Unterstützer – ihr Publikum – auch bei der Auswahl von Themen, Orten und Geschichten (crowdsoucring).

Nachdem die Crowdspondentinnen im Jahr 2013 mit einem Vocer-Stipendium mehrere Wochen in Brasilien recherchieren konnten, hat ihnen das veränderte Konzept der Krautreporter in diesem Jahr zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht. Weshalb sie ihr diesjähriges Deutschland-Projekt über die Plattform Startnext präsentiert und finanziert haben.

Bei Besser Online haben Lisa Altmeier und Steffi Fetz in einem sehr authentischen und lebhaften Vortrag ihre strukturierte Herangehensweise geschildert.  Dabei machten sie deutlich, dass ihr „eigenes Ding“, ihre Kampagne nicht erst mit einem glaubhaft inszenierten Video auf der Fundingplattform Startnext begann. Timing (wie der Vortrag bei der re:publica 14, vor Finanzierungsstart), das konstante Bespielen der Sozialen Netzwerke , bis an die „Nervgrenze“ (Facebook, Twitter @crowdspondent), die Interaktion mit Freunden, Förderern und Verbreitern, die Erklärung  ihrer Idee vom „Persönlichen Reporter“ und das persönliche Dankeschön waren wichtige Kampagnenbausteine. Die Crowdspondentinnen haben sich bewusst nicht vorab für eine bestimmte Darstellungsform entschieden – am Ende haben sie dann Videos gedreht, die auch bei EinsPlus und im BR gelaufen sind. Die üblichen „Geschenke“ für die Förderer haben sie bewusst klein gehalten, denn sie wollten mit ihrem Projekt persönlich motivieren.

Mit den Gästen von BesserOnline wurden nach der kurzweiligen und nutzwertigen Einführung „Crowdfunding – so klappt’s“ zahlreiche Fragen beantwortet. Ein paar Aspekte: steuerlich ist Crowdfunding eher noch ein Graubereich, im Projektverlauf wurde eine GbR gegründet. Für 2015 ist ein weiteres Fundingprojekt geplant, die Summe soll dann höher angesetzt werden. Das gibt der Markt inzwischen wohl her.  Der „Alles-oder-Nichts“-Ansatz beim Crowdfunding ist aufregend, führt aber auch zu Frustrationsmomenten bei unsicherem Finanzierungsverlauf. Austausch und Recherche, vor allem, wie andere Journalisten ein Projekt aufgezogen haben, ist unerlässlich; man sollte aber nicht auf alle Ratschläge hören, sondern sehr konsequent seine eigene Projektidee verfolgen. Durch das Crowdfunding-Projekt sind weitere Aufträge gekommen: Erfolgreiche Zweitverwertung bei Print, Online und TV (Lizensierungsfragen!); Vorträge und Seminare. Somit war das Projekt mehr als eine digitale Bewerbungsmappe, allerdings sehr zeitaufwändig. Noch nicht erreicht, aber wünschenswert, wenn sich die Einnahmen aus Crowdfunding verstetigen ließen– und somit ein zweites Standbein aufgebaut werden könnte.

Die 11 Themen-Videos von Lisa Altmeier und Steffi Fetz, die zwischen Mitte Juli und Ende September 2014 in Deutschland und auf Vorschlag und mit Unterstützung der Crowd entstanden sind, kann man sich hier ansehen.
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