Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Innere Pressefreiheit groß geschrieben

12.08.2019

Dass die innere Pressefreiheit kein Fremdwort ist, stellt der "Spiegel" mit seiner aktuellen Titelgeschichte über Kreuzfahrten unter Beweis.

Spiegel-Titel über Kreuzfahrten: Anti-Werbung.

Von den schönsten Wochen des Jahres ist die Rede, von traumhaften Kreuzfahrten. Die Superlative lassen sich nur noch toppen durch "wunderbare Reiseerlebnisse und unvergessliche Momente". Diese Beschreibungen stehen auf der Website, die für Spiegel-Leserreisen wirbt. Aktuell werden sechs Reisen mit dem Kreuzfahrtunternehmen MSC Kreuzfahrten angeboten. Dass Verlage Leserreisen durchführen, ist weder neu noch ungewöhnlich. In Eigenregie machen das die wenigsten Medienunternehmen. In der Regel treten die Verlage als Vermittler auf und erhalten eine Provision. Ein nettes Zubrot in der Bilanz. Und wenn den Teilnehmern die Reise gefallen hat, profitiert auch die Leser-Blatt-Bindung davon. Die Werbung des Spiegel-Verlags für Kreuzfahrten ist nicht neu. Neu aber ist, dass sich der Spiegel in einer Titelgeschichte kritisch mit dieser Form des Tourismus auseinandersetzt. Headline: "Wahnsinn Kreuzfahrt - die dunkle Seite des Traumurlaubs". Von wunderbaren Reiseerlebnissen und unvergesslichen Momenten ist da nicht die Rede, sondern von Ozeanriesen, die Luft und Meere verschmutzen, und von Menschenmassen, die im Pulk ehemals idyllische Küstenorte bevölkern. Eine Titelgeschichte, die aufwendig recherchiert und kritisch geschrieben ist. Die Veranstalter von Kreuzfahrten dürften darüber alles andere als glücklich sein - also wohl auch nicht das Team der Spiegel-Leserreisen. Ob die Titelgeschichte schlecht fürs Geschäft ist? Schon möglich, gelten Spiegel-Leser doch als kritisch. Die schön geschriebenen Werbebotschaften dürften es schwer haben, sich gegen die Story im eigenen Blatt durchzusetzen. Deshalb ist es ein Vorzeigebeispiel von innerer Pressefreiheit, dass die Spiegel-Redaktion diese Geschichte ins Blatt heben konnte. Dass kritischer Journalismus den Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen eines Verlags bekommen hat. So sollte es überall sein. Ein Kommentar von Hendrik Zörner
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