Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

Aktuelles

Thüringer Gender-Verbot

Rolle rückwärts

11.11.2022

Der Thüringer Landtag hat gestern Abend mit hauchdünner Mehrheit einem CDU-Antrag zugestimmt, das Gendern in der Kommunikation der Landespolitik abzuschaffen. Die Landesregierung soll sich dafür stark machen, dass auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk damit aufhört.

Thüringer Landtag: Rückkehr zu alter Sprache. Foto: BPB.de

38 von 74 Stimmen erhielt die CDU-Fraktion für ihren Antrag "Gendern? Nein Danke! Regeln der deutschen Sprache einhalten – keine politisch motivierte Verfremdung der Sprache!" Der Titel des Antrags strotzt schon vor Diffamierung der geschlechtersensiblen Sprache. Angeblich, so der CDU-Abgeordnete Christoph Zippel, lehne nach verschiedenen Umfragen "eine Mehrheit der Menschen in Deutschland die Gendersprache" ab, teilweise würde sie als Bevormundung empfunden. Dass bei der meist männlich geprägten alten Sprachform die Hälfte der Bevölkerung ausgegrenzt wird, spielt für ihn und seine Fraktion ebenso wenig eine Rolle wie für die AfD, die über den CDU-Antrag gejubelt haben muss. Die Rechtsaußen-Partei war schon immer gegen das Gendern.
Nach der Zustimmung der Landtagsmehrheit dürfen künftig der Landtag und die Landesregierung in ihrer Kommunikation nicht mehr gendern. Das an sich ist schlimm genug und eine klassische Rolle rückwärts. Darüber hinaus muss sich die Landesregierung, so sieht es der angenommene Antrag vor, dafür einsetzen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk "auf der Grundlage der deutschen Grammatik und amtlichen deutschen Rechtschreibung entsprechend den Vorgaben des Regelwerks 'Deutsche Rechtschreibung, Regeln und Wörterverzeichnis' kommuniziert" und auf eine Anwendung der sogenannten Gendersprache verzichtet. Wer darauf hofft, bei den Öffentlich-Rechtlichen würde jetzt das Gendern abgeschafft, hat sich zu früh gefreut. Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) sagte, die Landesregierung halte sich an die Regeln, die unter anderem durch Gleichstellungsgesetze oder die Rechtsprechung gesetzt seien.
Und dann gibt es zur Not noch das Bundesverfassungsgericht, das in seinen Urteilen immer wieder die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betont hat. Schlimm ist aber, dass die Thüringer CDU-Fraktion in ihrem Antrag so tut, als gäbe es das nicht, als könnte einfach in den Rundfunk und seine Redaktionen hineinregiert werden.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner

Newsletter

Cookie Einstellungen