Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Rundfunkfreiheit

Was ist in Sachsen-Anhalt los?

01.12.2020

An Ränkespielen um die Macht in Sachsen-Anhalt droht die Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu scheitern. Haben die Landespolitiker noch nichts von der Rundfunkfreiheit gehört?

Reiner Haseloff: Kneifen statt Flagge zeigen. Foto: Staatskanzlei

Wäre Corona nicht über uns gekommen, hätten wir vom DJV unseren Verbandstag Anfang November in Magdeburg durchgeführt. Alles war vorbereitet einschließlich Grußwort des Ministerpräsidenten. Schon Monate vor dem geplanten Konvent lag die Zusage der Staatskanzlei für einen Besuch von Reiner Haseloff vor. Und mehr noch: Je nach Thema würde er auch gern an einer Diskussion mit den Delegierten des DJV teilnehmen. Als es dann konkret wurde, kam der Rückzieher: Zum Rundfunkbeitrag würde Haseloff sich nicht äußern, hieß es. Zu dem Zeitpunkt war bereits klar, dass Teile der CDU-Landtagsfraktion der Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht zustimmen wollten. Statt Flagge zu zeigen, kniff der Landesvater.
So auch in diesen Tagen. Statt Flagge zu zeigen, statt sich mit Engagement für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner bekannten Form einzusetzen, tüftelt Haseloff insgeheim an fragwürdigen Plänen, um an der Abstimmung im Landtag für oder gegen 86 Cent mehr herumzukommen. Die aktuelle Version lautet: keine Abstimmung, statt dessen die Forderung, die Beitragserhöhung nachzuverhandeln.
Nachverhandeln heißt in Wahrheit kippen. Denn wenn bis zum Jahresende nicht alle 16 Länderparlamente für die Erhöhung gestimmt haben, wird es sie nicht geben. Das ist nicht nur schlimm für die Sender und für Tausende von Journalistinnen und Journalisten, sondern auch ein Schlag ins Gesicht des unabhängigen Expertengremiums mit Namen KEF. Dessen Empfehlung, 86 Cent mehr für den Rundfunk aufzuwenden, waren die Ministerpräsidenten gefolgt. Wer Nachverhandlungen fordert, drückt damit aus, dass die KEF-Experten ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Das dürfte Ministerpräsident Reiner Haseloff wissen, verfügt seine Staatskanzlei doch über Medienexperten, die sich auskennen. Das macht es umso schlimmer, denn der CDU-Politiker legt die Axt an die Rundfunkfreiheit, um seine Koalition zu retten, die zumindest in dieser Frage tief zerstritten ist. Frei nach dem Motto: Was kümmert mich die Verfassung, wenn ich meine Macht retten muss?
Politiker, die so ticken, sind die größte Gefahr für das freie Mediensystem in Deutschland. Dagegen sind die Dauerpöbler von der AfD geradezu harmlos.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner

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