News für Freie
Freie Journalisten erhalten richtig Geld für Zeitungsartikel in zahlungspflichtigen Online-Archiven
Bayerischer Journalisten-Verband erstreitet Anspruch von Mitglied vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf
Im konkreten Fall muss das „Handelsblatt“ einer freien Journalistin jetzt 6.600 Euro Schadensersatz für ungenehmigte Nutzung zahlen. Das „Handelsblatt“ hatte Beiträge aus den Jahren 2001-2004 in ein erst 2005 gestartetes, mit gewissen Zugangsschranken versehenes Online-Archiv eingebracht. Der Zugang war den Abonnenten der Zeitung kostenlos möglich, für andere Personen oder Firmen aber kostenpflichtig.
Der Fall wurde vom Bayerischen Journalisten-Verband (BJV) vertreten. Eine Revision wurde nicht zugelassen, weil die Grundsatzfragen in Sachen Urheberrecht vom Bundesgerichtshof bereits ausgiebig geklärt worden seien, so das Gericht.
Das Urteil enthält nach Einschätzung des DJV-Justiziars Benno H. Pöppelmann zahlreiche wichtige Aussagen, die für zukünftige Verfahren von freien Journalisten von Bedeutung sind.
Die Kernaussagen des Urteils:
- Zeitungsartikel sind fast immer urheberrechtlich geschützt, weil sie praktisch nie nur eine knappe Wiedergabe vorgegebener Fakten enthalten.
- Die Lieferung bei noch ungeklärter Frage des Umfangs der Rechte führt nicht dazu, dass der Verlag automatisch beliebige Rechte erhält.
- Das Urheberrecht hat die Tendenz, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit er in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werkes beteiligt wird.
- Nach wie gelten die Regelungen des vom DJV mit erstrittenen Urteils SPIEGEL-CD-ROM von 2002, nach der im Allgemeinen werden nur solche jeweiligen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt werden, durch welche die Erreichung des Vertragszwecks ermöglicht wird.
- Die Einstellung von Zeitungsbeiträgen in ein Onlinearchiv ist gesonderte Nutzungsart, die vom Vertragszweck nicht gedeckt ist. Begründung: Ein Archiv hat andere Funktion als eine Zeitung, sie sei „grundsätzlich“ etwas anderes als die Veröffentlichung von aktuellen Berichten.
- Die Einstellung in ein Archiv greift permanent in Rechte des Urhebers ein, eine Dauerhandlung eines Verlags und muss während des gesamten Zeitraums der Nutzung gerechtfertigt sein.
- Das Archivrecht nach § 53 Urheberrechtsgesetz erfasst kein Onlinearchiv, das wirtschaftlichen Zwecken dient.
- Die Verjährung von Ansprüchen für die Einstellung in ein Archiv beginnt nicht, solange der Eingriff fortdauert, d.h. der Verlag kann sich nicht darauf berufen, dass die Verjährungsfrist von drei Jahren bereits begonnen habe, als er die Beiträge erstmals in das Archiv hineinstellte.
- Die Vertragsbedingungen und Honorare des DJV stellen einen branchenüblichen Tarif dar. Das gelte auch für die dort beschriebene Regelung, dass für die Archivnutzung bis zu drei Jahre 220 Euro Mindestvergütung zu zahlen sei, und bei einer gleichzeitigen Printnutzung ein Rabatt von 50 Prozent eingeräumt wäre, mithin 110 Euro für jeden der 60 Artikel.
- Die Vergütungsregeln für Texte an Tageszeitungen gelten erst ab 2010, so dass sie erst ab diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden könnten.
- Nach den Vergütungsregeln sind 55 Prozent der Erlöse auszuschütten; das setzt jedoch eine Erfassung der auf die einzelnen archivierten Artikel entfallenden Erlöse vor, wobei ein angemessener Teil der für das Abo der Printausgabe gezahlten Vergütung in Ansatz zu bringen ist. Wenn der Verlag keine Belege zu seinen Erlösen einreicht, erfolgt die Berechnung an den Vertragsbedingungen und Honoraren.
Besonders wichtig sind dabei auch die Ausführungen zur Berechnung der Erlöse nach den Vergütungsregeln. Ein Verlag kann sich nicht auf den Standpunkt stellen, er müsse nur die Zahlungen berücksichtigen, die durch Firmen oder Privatleute erfolgen, die einzelne Artikel kaufen. Vielmehr muss auch die Gebühr der ganz normalen Abonnenten berücksichtigt werden, wenn diese durch ihre Gebühr ebenfalls Zugriff auf das Archiv erhalten.
Konkret muss das Urteil damit auch als klare Warnung an alle deutschen Zeitungsverlage verstanden werden. Wenn sie nicht anständig zahlen und die freien Journalisten nicht an ihren Zusatzgeschäften mit Beiträgen beteiligen, drohen ihnen zahlreiche kostenträchtige Auseinandersetzungen.
Wichtig allerdings: Das Urteil kann nicht auf Fälle übertragen werden, in denen Beiträge von freien Journalisten in kostenlos zugänglichen Online-Archiven zu finden sind, soweit Archive diese nur den Verlag selbst oder den persönlichen Gebrauch durch Dritte autorisieren. Hierfür bestimmen die Vergütungsregeln an Tageszeitungen für den Zeitraum ab 2010 die Übertragung folgender Rechte:
Das einfache, zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzungsrecht zur Nutzung des Beitrags im Archiv oder in der Datenbank dieses Mediums oder nach Nr. 2 publizistisch kooperierender Verlage zum Gebrauch für interne Zwecke des jeweiligen Verlags oder zum persönlichen Gebrauch Dritter (§ 53 UrhG).
Das Urteil ist auch Gegenstand eines (kostenlosen) DJV-Online-Trainings, das am 16. Dezember 2013 stattfindet. Die Anmeldung ist unter journalistenwebinar.de möglich, exklusiv für DJV-Mitglieder.
OLG Düsseldorf Urteil vom 19.11.2013 Az I 20 U 187 / 12
Michael Hirschler, hir@djv.de, @freie
News für Freie
Leistungsschutzrecht: Die Debatte
Der Bundestag debattierte am 29. November über den Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht
Leistungsschutzrecht: Debatte zur Geisterstunde
Erste Lesung des Verlegergesetzes im Bundestag
Boykottaufruf gegen Brodcast Text International
Absenkung der Honorare: Protest der Freien in Finnland gegen die Übersetzungsfirma BTI. Auch freie Journalisten in audio-visuellen Medien betroffen.
Kündigung von festen Freien: 3 Wochen Klagefrist
Wer wie ein Arbeitnehmer tätig war, muss jetzt eventuell klagen
Existenzgründungswebinar: Material jetzt im Intranet erhältlich
Das Material unseres Webinars "Existenzgründung" von heute ist im DJV-Intranet bereit gestellt worden.
Wenn die Firma pleite geht
Gleich zwei Insolvenzen innerhalb weniger Wochen. Die Probleme von FR und dapd haben auch viele freie Journalisten aufgeschreckt: Was gilt eigentlich, wenn der Auftraggeber pleite geht? Michael Hirschler vom DJV klärt auf.
Der Journalismus geht stiften - Diskussion in Recklinghausen am 24.11.
Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Medienkrise. Öffentliche Stiftungsmodelle als Rettungspaket für die Medien?
Freie Journalisten in MeckPomm: Existenz kaum möglich
Ein Bericht im "Kiek an!", dem Magazin des DJV-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, zeigt, wie es um den (freien) Journalismus im Armenhaus der Republik steht.
Bundesrechnungshof muss Prüfungsniederschriften herausgeben
Ein Journalist konnte sich vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den Bundesrechnungshof durchsetzen. Ein Sieg für die Informationsfreiheit.
Sollen wir jetzt noch Medien beliefern? Die sonderbare Welt der freien Journalisten
Nachrichtenagenturen und Traditionszeitungen fallen, schon bricht überall die medienübliche Panik aus. Unruhe auch und gerade bei den Freien.
Auftraggeber kennenlernen: Die Presseporträts
Sie suchen Auftraggeber in der Zeitschriftenbranche? Einen schnellen Überblick gibt es in den "Presseporträts".
Training für Einsätze in Krisen- und Kriegsgebieten
Eine freiwillige Versicherung in der Verwaltungsberufsgenossenschaft macht ohnehin Sinn. Erst recht aber, weil sie Trainings für Journalisten anbieten.
Schon gewusst?Selbständige fallen in der Politik immer noch oft unter den Tisch - das muss aber nicht so bleiben. Der DJV vertritt die Freien, wenn es um Gesetzesvorhaben, Reformvorschläge und Stellungnahmen geht.
Schon gewusst?Selbständige fallen in der Politik immer noch oft unter den Tisch - das muss aber nicht so bleiben. Der DJV vertritt die Freien, wenn es um Gesetzesvorhaben, Reformvorschläge und Stellungnahmen geht.
freienblog
Weitere interessante Themen
Selbstverlag
Ihr eigenes Buch machen, also eBook oder Printexemplar, mit vonjournalisten.de
...mehr
DJV, Verband der Freien
Über 15.000 Freie sind Mitglied im DJV. Warum, steht in unserem Flyer.
...mehr