Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Belarus

Journalistenverband des Tages, des Jahres

14.08.2020

Unter dem Auge des Herrn (am Ende des Saals) tagte der Belarussische Journalistenverband 2017 in unverdrossen sachlicher Atmosphäre zum Thema Pressefreiheit.

Der Belarussische Journalistenverband hat wohl schon jetzt die Auszeichnung "Journalistenverband des Tages", eigentlich auch die "des Jahres" verdient. Seit Jahren engagiert sich die Alternative zum Journalistenverband der Staatsmedienmacher für die Belange der Journalistinnen und Journalisten im Land. Auf seiner Seite baj.by finden sich berufsbezogene Informationen für praktische Fragen des Alltags genauso wie Beiträge über den aktuellen Stand der Pressefreiheit. Und das stets sehr aktuell auf Belarussisch, Russisch und Englisch. Ergänzt wird das durch einen Kanal auf Telegram sowie seit einiger Zeit auch allgemein zugängliche Webinare.

Der Verband kritisiert seit langem die Repressionsmaßnahmen gegenüber den journalistisch im Land Tätigen. Nicht zuletzt für die Rechte der Freien startete er schon vor über fünf Jahren eine regelrechte internationale Kampagne, indem er beharrlich auf europäischer Ebene darauf hinwies, wie die freien Korrepondentinnen und Korrespondenten des polnischen Auslandssenders Belsat mit Bußgeldern und anderen Einschüchterungsversuchen bedroht wurden.

Mit zahlreichen Stellungnahmen gegenüber der Politik und derzeit aktuellen Meldungen über den Umgang mit Journalistinnen und Journalisten im Land, einschließlich den Rechten derjenigen, die für Auslandsmedien arbeiten, hat er sich zum zuverlässigen Ausgangspunkt für Recherchen und guten Ansprechpartner für unabhängige Analysen gemacht.

Wie viele Teile der belarussischen Opposition setzt der Verband auf die Wiederbelebung der belarussischen Sprache. Das kommt auch in den Schriftzeichen des Verbandslogos und der im Verband auf den ersten Blick vorherrschenden Korrespondenz und auch den Konferenzgepflogenheiten zum Ausdruck. Die Sprache Belarussisch dient der Opposition dabei vor allem als Vehikel für eine politische Linie, mit der die staatliche Eigenständigkeit vom großen Nachbarn Russland betont werden soll, mit dem man bis zum Ende der Sowjetunion verbunden war. Daher finden sich auf den Seiten des Journalistenverbandes auch immer wieder besorgte Meldungen, wenn Anzeichen dafür registriert werden, dass die Politik des Landes oder einzelne Medien zu russlandfreundlich wirken.

Der Verband ist gleichwohl realistisch genug, seine Hilfe auch in der russischen Sprache anzubieten. So finden etwa viele Webinare des Journalistenverbandes auf Russisch statt. Pragmatismus statt zuviel Ideologie. Denn in Wirklichkeit sprechen die meisten Menschen in Belarus im praktischen Leben nur Russisch, und nur bei alten Menschen auf dem Lande und in den Kreisen und Familien der überzeugten "Sprachnationalisten" pflegt man noch das Belarussische. Die Betonung des Belarussischen durch viele Oppositionelle, so sehr es politisch als Mittel für die staatlich-kulturelle Unabhängigkeit und gegen die Vereinigung mit der russischen Präsidialdiktatur taugen kann, mag allerdings auch dazu beigetragen haben, dass man die breite Bevölkerung nie richtig erreicht hat.

Die aktuelle Mobilisierung breiter Teile der Bevölkerung hat eher etwas damit zu tun, dass man in Belarus das vom russischen Regimekritiker Navalny erdachte System des "intelligenten Wählens" kopiert und sich dafür entschieden hat, auf gemeinsame Kandidaten zu setzen, obwohl es eigentlich wenig Gemeinsames in der Opposition zu geben schien. Gleichzeitig mag jedoch paradoxerweise auch eine Rolle spielen, dass auch Russland selbst mit der belarussischen Führung nicht mehr wirklich zufrieden ist und durch seine Staatsmedien ebenfalls kräftig am Sturz von Lukaschenko mitwirkt. Viele Belarussen schauen vor allem das russische (Staats-)Fernsehen, das die besser gemachten Shows, Serien, Dokumentarfilme und auch Talkshows hat als in Belarus. Womit wiederum die große Frage aufkommt, ob das Endergebnis aller Proteste möglicherweise ganz anders ausfallen könnte, als es sich der russlandkritische Teil der Opposition und das westliche Ausland derzeit vorstellen.

Ausgerechnet ein russischer Politikprofessor hatte im November 2017 bei einem Vortrag in Minsk dazu aufgerufen, mit aller Kraft um die Freiheit in Belarus zu kämpfen. "Hier kann noch etwas gemacht werden, hier sind noch Spielräume da. In Russland nicht mehr, dort herrscht eine autoritäre Diktatur ohne wirkliche Möglichkeiten!"

Wie es in Belarus weitergeht und ob am Ende eine "freiwillige" Vereinigung mit Russland statt einer größeren Freiheit ansteht, kann derzeit keiner sagen. Der Belarussische Journalistenverband berichtet derweil tapfer weiter, Tag für Tag auf baj.by.

MH

News für Freie

Corona-Krise

Update der Corona-Infos für Freie

12.10.20

Die Informationen des DJV zu den staatlichen Hilfsangeboten für Freie sind überarbeitet und um die Änderungen zum Herbst / Winter 2020 eingearbeitet worden. Wieder abrufbar sind das Kompakt-Info für Freie zum Thema sowie auch das...

Pressefreiheit

Ruft Harry Potter zum Umsturz der Regierung von Belarus auf? Bizarrer Prozess gegen das Portal tut.by

09.10.20

Am 8. Oktober hielt das Wirtschaftsgericht in Minsk eine vorläufige Anhörung über die Klage des Informationsministeriums ab, dem Internetportal TUT.BY den Status als Medienfirma zu entziehen. Gegenwärtig ist dieser Status bereits...

Soziales

Arbeitsunfälle versichern: Telefonaktion am 27. Oktober 2020

08.10.20

Hubschrauber-Absturz beim Dreh? Autounfall auf dem Weg zur Veranstaltung? Corona-Infektion durch den Internviewpartner? Wer zahlt und wieviel? Am 27. Oktober beantworten von 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr Expertinnen und Experten der...

Jahr der Freien

In der ersten Woche schon 3.000 Kilometer für freien Journalismus & Gesundheit

05.10.20

Der DJV läuft anlässlich des "Jahres der Freien" symbolisch und virtuell-reell von "Minsk nach Magdeburg", wo am 8. November der DJV-Verbandstag stattfinden wird. 17 Teams mit jeweils fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmern laufen...

Jahr der Freien

85 Journalistinnen und Journalisten laufen um die halbe Erde für Pressefreiheit

25.09.20

17 Teams mit insgesamt 85 Journalistinnen und Journalisten gehen am kommenden Montag, 28. September  an den Start. Bis zum 8. November sollen jeweils fünf Personen real bei sich vor Ort und virtuell in Teams gehen, laufen...

Bildagenturen

BGH verlangt faire Honorare

22.09.20

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Bildagenturen auf, sich künftig strikt an das jetzt veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs zu Honoraren für Bildjournalisten zu halten.

Corona-Krise

Für die Freien bleibt die Lage dramatisch, zeigt neue Umfrage

21.09.20

Haben die Lockerungen der Corona-Maßnahmen nicht auch zu einer neuen Konjunktur in den Medien geführt? Diese Vermutung war in den letzten Wochen immer mal wieder zu hören. Eine neue Umfrage bestätigt allerdings die Befürchtungen...

taz-Kolumne

Seehofer ohne Expertise

21.09.20

Als Bundesinnenminister Horst Seehofer von einer Strafanzeige gegen die taz fabulierte, wusste er noch gar nicht, ob das rechtlich überhaupt möglich ist. Das fand jetzt der Tagesspiegel heraus, nachdem er diese Information...

Moria

Keine Polizeischikanen gegen Reporter

18.09.20

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert das Auswärtige Amt auf, sich im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit Nachdruck für die freie Berichterstattung aus Moria auf der griechischen Insel Lesbos einzusetzen.

Pressefreiheit

Bei Fernsehproduktionen dürfen nur sendereigene Beauftragte fotografieren

17.09.20

Kein Zugang für externe Fotografinnen und Fotografen zu einer Produktion für das ZDF. Grund angeblich: "Corona". Gleichzeitig können aber zahlreiche Zuschauer bei der Produktion dabei sein. Das gilt offenbar bei "Willkommen bei...

Presseauskunftsrecht

Koalition am Zug

17.09.20

Der Deutsche Journalisten-Verband erinnert die Regierungskoalition in Berlin an ihr Vorhaben, endlich ein Auskunftsrecht für Medien gegenüber Bundesbehörden gesetzlich zu verankern.

Corona-Krise

Corona-Grundsicherung bis Ende Dezember verlängert

15.09.20

DIe Regelungen zum erleichterten Zugang zur Grundsicherung soll bis Ende Dezember 2020 verlängert werden. Ein entsprechender Referentenentwurf wurde am 9. September 2020 auf den Seiten des zuständigen Bundesministeriums...

News 109 bis 120 von 857

Schon gewusst?Selbständige fallen in der Politik immer noch oft unter den Tisch - das muss aber nicht so bleiben. Der DJV vertritt die Freien, wenn es um Gesetzesvorhaben, Reformvorschläge und Stellungnahmen geht.

Bundestag hinter Gittern. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Selbständige fallen in der Politik immer noch oft unter den Tisch - das muss aber nicht so bleiben. Der DJV vertritt die Freien, wenn es um Gesetzesvorhaben, Reformvorschläge und Stellungnahmen geht.

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen