News für Freie
Kein Quellenschutz für Forenbeiträge?
Wer in Internetforen Kritik übt, muss damit rechnen, dass die kritisierte Person oder Firma die Offenlegung seiner Daten verlangen kann.
Die Forenbetreiber können sich nicht damit wehren, dass sie den Besuchern ihres Forums Quellenschutz zugesagt haben. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Betreiber die Forenbeiträge nicht individuell bewerten und nach einer Auswahl oder Kürzung online stellen, wie es beispielsweise bei Leserbriefen an Zeitungen der Fall ist. Das hat das Landgericht Duisburg am 16. November 2012 in einem jetzt auf openjur.de veröffentlichten Urteil entschieden (openJur 2013, 4761).
Konkret ging es um die Bewertung einer Klinik auf dem Portal klinikbewertungen.de. Wegen einer besonders kritischen Beurteilung wurde Strafanzeige wegen übler Nachrede erhoben und daraufhin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der zuständige Onlineredakteur verweigerte jedoch gegenüber der Staatsanwaltschaft die Herausgabe der Daten des Nutzers. Das Amtsgericht Duisburg setzte daraufhin gegen den Onlineredakteur ein Ordnungsgeld fest, gegen das sich der Betroffene vor dem Landgericht vergeblich zur Wehr setzte.
Das Landgericht Duisburg vertrat die Meinung, dass ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Absatz 1 Satz StPO zwar grundsätzlich auch für redaktionelle Beiträge in einem Bewertungsportal gelten könne. Ein Forenbeitrag, der ohne Redaktion vom Nutzer selbst ins Netz gestellt wird, sei jedoch kein Beitrag zum redaktionellen Teil des Informationsdienstes. Das gelte auch dann, wenn es im Forum Regeln für die Zulässigkeit von Beiträgen gibt und die Redaktion die Beiträge im Nachhinein nach diesen Maßstäben überprüfe. Die Pflicht zur Herausgabe der Daten gelte selbst dann, wenn der Redakteur den inkriminierten Beitrag gelöscht hat.
Das Urteil macht deutlich, dass die an manchen Orten noch beschworene „Freiheit des Internets“ kaum existiert. Nachdem das unbefangene Agieren im Netz wegen zahlreicher Titel-, Marken-, Wettbewerbsrechtsauseinandersetzungen allenfalls noch Volljuristen möglich zu sein scheint, kann jetzt nicht einmal mehr ein Forumsbeitrag unbefangen anonym gepostet werden, jedenfalls nicht ohne Kontrolle und eventuelle Bearbeitung durch eine Redaktion. Das Anonymitätsversprechen vieler Forenbetreiber wird damit geradezu zum „Honigtopf“, der Nutzer in die Falle tapsen lässt. Damit sind Anonymitätszusagen von Forenbetreibern wegen der Irreführung der Nutzer vermutlich selbst als rechtswidrig einzustufen, beispielsweise wegen Verstoßes gegen Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht.
Solange die Rechtsprechung höherer Gerichte nicht zu anderen Ergebnissen kommt, bleibt Forenbetreibern und Redaktionen von Internetplattformen nur zu raten, ihre Nutzer deutlich auf ihre Pflicht zur Offenlegung der Daten aufmerksam zu machen oder Beiträge nur noch redaktioneller Prüfung frei zu schalten. Allerdings wäre dabei ratsam, alle Fälle zu dokumentieren, in denen Beiträge gekürzt oder gar nicht veröffentlicht wurde. Denn eine „Schein-Redaktion“, also ständige Freigabe aller Nutzerbeiträge, würde das Zeugnisverweigerungsrecht vermutlich erneut in Frage stellen.
Aus politisch-gesellschaftlicher Sicht wirft das Urteil die Frage nach dem angemessenen Verhältnis von Anonymität, Meinungs-/Pressefreiheit und Strafrecht auf. Natürlich: So wenig Bürger, Berufstätige oder Firmen hinnehmen müssen, dass sie mit grundlosen, gravierenden Vor- und Anwürfen von anonymer Seite konfrontiert werden, so problematisch erscheint es, wenn die Rechtsprechung sogar Forenbeiträge und erst recht Beiträge auf Bewertungsplattformen mit dem Schwert des Strafrechts sanktioniert. Denn ein Beitrag unter dem Kennzeichen „Bewertungsplattform“ bringt bereits zum Ausdruck, dass Nutzer ihre subjektive Sicht einbringen sollen, die sich dann - in Zusammenschau mit Beiträgen anderer Nutzer - relativiert. Das ist auch vielen von Kritik Betroffenen klar und recht. So weist ja auch die Plattform klinikbewertungen.de darauf hin: "Die meisten Kliniken gehen sehr positiv mit den Erfahrungsberichten und der Seite um."
Kann es also sein, dass sich die Mehrheit der eher gelassenen Nutzer die Meinungsfreiheit von einer Minderheit von Internet-Nichtverstehern nehmen lassen muss? Dass wegen des Strafbedürfnisses einer Minderheit ganze Plattformen nicht mehr funktioneren können?
Wenn die Rechtsprechung des Landgerichts ernst genommen wird, bedeutet das etwa für Hotelreservierungssysteme, dass Hotelgäste, die heftige Kritik in deren Bewertungsforen üben, in Zukunft vom Hotel verklagt werden. Denn kritische Aussagen wie etwa, ein Zimmer sei nicht gut gewesen, das Bett hätte eine schlechte Matratze, der Service sei unhöflich gewesen, sind oft genug nicht zu beweisen.
Machen wir den Sprung aber von den Hotelreservierungssystemen zu Politik- und Parteiplattformen oder Lebensmittelforen, wird die Dimension des Urteils vielleicht erst richtig deutlich: Kritik war gestern.
Michael Hirschler, hir@djv.de
News für Freie
Die Rundmail
Eine Rundmail an die Autoren des Reise Journals stellte klar: Ohne zusätzliches Honorar können die Beiträge innerhalb der WAZ-Gruppe weiter verwertet werden.
Update zur Steuerbroschüre
DJV-Expertin Gerda Theile hat ein Update für die "Steuertipps für Journalisten" erstellt.
Personalrat beim Saarländischen Rundfunk hat Mitbestimmungsrecht bei Freien
Mehr Rechte für Freie. Auch für sie kann jetzt im Fall von Einschränkungen der Personalrat tätig werden. Dafür sorgt jetzt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Schutz für Journalisten, Madsack, Horizont, dapd etc.
121 tote Kollegen mahnen - DJV fordert UN zum Handeln auf | ZDF und ARD bei Dezemberquoten an der Spitze | Madsack führt Töchter zusammen | Silberstreif am Horizont für Impulse | dapd schließt überraschend Frankfurter Büro |...
Eigentumsverlust durch "Ersitzung"? Britsche freie Journalisten kritisieren Camerons Pläne zum Urheberrecht
Die Regierung Cameron redet so, als wäre sie persönlich mit Google-Mitarbeitern befreundet. Was zufälligerweise auch der Fall ist.
Ministerium muss umgehend Auskunft über Zahlungen an Rechtsanwälte geben
Das Landespressegesetz als Auskunfts-Turbo: Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden
Neue Webinare Anfang 2013
Weiterbildung geht beim DJV (auch) online. Die nächsten Termine.
Webinar-Aufzeichnungen im Intranet
Webinar verpasst? Kein Problem.
Sicherheitszertifikat für Umsatzsteuervoranmeldungen ab 2013
Alles online, alles sicher: Das Finanzamt macht´s nur noch mit Zertifikaten.
Weihnachtsbrief, dapd, Tagesschau etc.
Weihnachtsbrief: Konken macht Journalisten Mut | Werbung leicht angewachsen | dapd macht mit neuem Eigentümer weiter | Bonner General-Anzeiger bleibt in Berlin | DJV gratuliert Tagesschau zum 60. Geburtstag | Lokalfunk NRW:...
Mit dem Arbeitszimmer Steuern sparen
Freie Journalisten können ihr Arbeitszimmer von der Steuer absetzen. DJV-Freien-Experte Michael Hirschler erklärt, an welchen Stellen es beim Fiskus hapern kann.
450-Euro-Grenze gilt auch für Erwerbsunfähigkeitsrentner
Die Grenze für den Hinzuverdienst steigt. Auch für Erwerbsunfähigkeitsrentner.
Schon gewusst?Wer arbeitet, macht Fehler. Wer viel arbeitet, viele Fehler. Das gilt auch für bestens ausgebildete Journalisten. Doch mit Training und Weiterbildung neben dem Job können auch Profis noch besser werden. Der DJV bietet daher zahlreiche Bildungsangebote, Seminare, Tagungen und auch Online-Kurse ("Webinare").
Schon gewusst?Wer arbeitet, macht Fehler. Wer viel arbeitet, viele Fehler. Das gilt auch für bestens ausgebildete Journalisten. Doch mit Training und Weiterbildung neben dem Job können auch Profis noch besser werden. Der DJV bietet daher zahlreiche Bildungsangebote, Seminare, Tagungen und auch Online-Kurse ("Webinare").
freienblog
Weitere interessante Themen
Selbstverlag
Ihr eigenes Buch machen, also eBook oder Printexemplar, mit vonjournalisten.de
...mehr
DJV, Verband der Freien
Über 15.000 Freie sind Mitglied im DJV. Warum, steht in unserem Flyer.
...mehr