Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Soziales

Mit dem Zoll gegen die Scheinselbständigkeit - Rechtsgrundlagen

13.04.2015

Warum die Zollverwaltung in den (Medien-)Betrieben recherchieren darf

Die Bekämpfung illegaler Beschäftigung ist seit Jahresbeginn 2015 verschärft worden. Dabei geht es um Arbeitsverhältnisse, die nicht bei der Sozialversicherung gemeldet wurden oder bei denen die Bezahlung unterhalb des Mindestlohns erfolgt. Hier hat die Zollverwaltung neue Zuständigkeiten. So prüft der Zoll in den Betrieben jetzt auch die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns.

Die neuen gesetzlichen Vorschriften betreffen auch Arbeitgeber, die Scheinselbständige beschäftigen. Freie also, die keine sind. Denn im Rahmen der Prüfung der Mindestlohnzahlungen wird der Zoll auch untersuchen, ob freie Mitarbeiter mit freien Werk- oder Dienstverträgen nicht in Wirklichkeit Beschäftigte sind, also bisher rechtlich gesehen schwarzarbeiten. Wenn der Arbeitgeber keine Fakten für die Selbständigkeit liefert, wird der Zoll von einer Sozialversicherungspflicht ausgehen. Das führt neben einer Geldbuße oder einem Strafverfahren für den Arbeitgeber auch zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Kann der Arbeitgeber die Freien an den Nachzahlungen beteiligen? Meistens nicht. Die "falschen Freien" werden bei Rückforderungen geschützt. Die Sozialversicherungsbeiträge sind zum wesentlichen Teil vom Arbeitgeber zu zahlen. Das regelt § 28 g Sozialgesetzbuch IV. Danach dürfen Beschäftigte nur begrenzt zur Kasse gebeten werden. Konkret darf der Arbeitgeber Geld nur "bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen" abziehen, die auf die Feststellung der Nachzahlung folgen. Auch muss er dabei die geltenden Pfändungsfreigrenzen beachten. Wer schon nicht mehr im Betrieb tätig ist, muss dagegen überhaupt keine Beteiligung fürchten. Hier trägt der Arbeitgeber alle Kosten der Nachzahlung alleine.

Wer als "falscher Freier" vom Zoll entdeckt worden ist, sollte natürlich auch einen Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber einfordern. Zur Ausgabe eines Arbeitsvertrags ist der Arbeitgeber schon durch das Nachweisgesetz verpflichtet. Verweigert der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag oder erklärt nunmehr die Kündigung oder einfach das "Ende" der Zusammenarbeit, sollten die Betroffenen den Rechtsschutz ihres DJV-Landesverbandes einschalten. Dann heißt es: Klage auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses und Klage auf Kündigungsschutz. Das Verfahren wird vor dem Arbeitsgericht durchgeführt, wo es zeitnahe Verhandlungs- und Entscheidungstermine gibt.

Die Zuständigkeit des Zolls ergibt sich aus dem § 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und dem § 14 Mindestlohngesetz. Diese Gesetze erklären die Verletzung der Vorschriften über die Meldepflichten für Ordnungswidrigkeiten und sehen dafür Bußgelder vor. Darüber hinaus liegt nach § 266a Strafgesetzbuch in der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Straftat. Ebenfalls als Straftat gilt nach dieser Regelung auch die Nichtmeldung oder unvollständige/unrichtige Angabe von versicherungsrelevanten Tatsachen. Der Zoll hat insoweit auch die gleichen Befugnisse wie Polizeivollzugsbeamte, - seine Mitarbeiter gelten als "Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft", § 14 Wer übrigens unzweifelhaft als Selbständiger einzustufen ist und über die Künstlersozialversicherung versichert ist, wird in der Regel nicht von Maßnahmen betroffen sein. Dieser Personenkreis wird aber voraussichtlich vermehrt mit Rückfragen der Arbeitgeber oder auch des Zolls rechnen müssen, bei denen geprüft wird, ob die Selbständigkeit vorliegt. Wer nicht in Rechtsunsicherheit bleiben will, kann natürlich auch von sich aus die Selbständigkeit von der Deutschen Rentenversicherung feststellen lassen, hier ist die Clearingstelle zuständig (clearingstelle. Ausnahme wiederum: Wer echt selbständig tätig ist, dabei einen Auftraggeber mit einem Umsatzanteil von über 80 Prozent hat und NICHT über die Künstlersozialversicherung versichert ist. Diese bei der "Rente" unversicherten Personen sind in der Regel als arbeitnehmerähnliche Selbständige in der Deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig (sofern sie nicht schon in der Künstlersozialkasse versichert sind) und müssten sehr viel selbst nachzahlen. Konkret den vollen Rentenbeitrag von (derzeit 18,7 Prozent) für das aktuelle Jahr sowie die vorherliegenden vier Jahre, also fast ein ganzes Jahreshonorar als Rentennachzahlung. Wer also arbeitnehmerähnlicher Selbständiger ist, weder über den Arbeitgeber noch die Künstlersozialversicherung versichert ist, sollte sich schleunigst beim DJV beraten lassen und anschließend in die Deutsche Rentenversicherung DJV-Mitglieder sollten sich im Falle von entsprechenden Prüfungen und neuen Einstufungen vom Rechtsschutz ihres Landesverbandes beraten lassen. Soweit es um Grundsatzfragen geht, steht auch die DJV-Bundesgeschäftsstelle (Referat Freie, hir@djv.de, Telefon 0228/2017218) für Mitglieder als Ansprechpartner zur Verfügung.

Dieses Info ist auch als PDF sowie im Format EPUB abrufbar: Tipps für Freie als PDF / Tipps für Freie als EPUB


Michael Hirschler

News für Freie

BDZV

Geheimniskrämerei contra Transparenz

14.02.22

Zu den neuen Vorwürfen der Financial Times in der Reichelt-Affäre schweigt sich Springer beharrlich aus. Wie passt das Schweigegelübde zur Transparenzforderung des Verlegerverbands an die Politik?

Corona-Krise

Neustarthilfe Januar-März 2022 kann jetzt beantragt werden

20.01.22

Die Corona-Krise hat viele Freie hart getroffen - und dauert immer noch an. Daher wird das Programm der Neustarthilfe auch im Frühjahr 2022 fortgesetzt. Bis zu 4.500 Euro können in diesem Hilfsangebot beantragt werden. Für Freie...

Kritische Infrastruktur

Journalisten gehören dazu

06.01.22

Der Deutsche Journalisten-Verband stellt gegenüber Bund und Ländern klar, dass Journalistinnen und Journalisten Teil der kritischen Infrastruktur sind.

Corona und die Freien

Hilfsmaßnahmen werden auch 2022 fortgesetzt

25.11.21

Aufträge werden gecancelt, Events werden abgesagt: Corona trifft die Freien schon wieder in aller Härte. Hier die wichtigsten Informationen dazu in Kürze:

Übergriffe

Medienhäuser in der Pflicht

08.11.21

Die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten bei der Berichterstattung muss spürbar verbessert und die Pressefreiheit in vollem Umfang gewährleistet werden.

Presseauskünfte

Regierung weiß nichts

08.10.21

Die amtierende Bundesregierung ist fast schon Geschichte, aber nur fast: Ihr Nichthandeln beim Auskunftsrecht der Medien wirkt in die kommende Legislaturperiode hinein.

Medienanfragen

Spahn missachtete Pressefreiheit

22.09.21

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßt die Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts vom gestrigen Dienstag zum presserechtlichen Auskunftsanspruch auf Bundesebene (BVerwG 6 A 10.20).

Corona-Krise

Hilfen für Selbständige bis Jahresende 2021 verlängert

09.09.21

Die Bundesregierung verlängert die Hilfen für Selbständige bis zum Jahresende 2021. Das gilt sowohl für die Neustarthilfe Plus als auch die Überbrückungshilfe Plus. Das bedeutet beispielsweise, dass im Rahmen der Neustarthilfe...

Afghanistan

Unterlagen erhalten

03.09.21

Das Bundesverteidigungsministerium hat zugesagt, Unterlagen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr für den Bundestag aufzubewahren. Davon dürften auch Journalisten profitieren.

Dieselaffäre

Transparenz vor der Wahl

19.08.21

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert vom Bundesverkehrsministerium noch vor der Bundestagswahl Aufklärung über die sogenannte Dieselaffäre.

Bestseller

Nachvergütungen einfordern

30.07.21

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert alle Urheberinnen und Urheber auf, gegenüber ihren Auftraggebern auf Nachvergütung zu pochen, wenn mit ihren Werken unerwartet große Gewinne erzielt werden.

Schwarz-rote Gesetzgebung

Bescheidene Bilanz

29.07.21

Die Bilanz der schwarz-roten Bundesregierung in der zu Ende gehenden Legislaturperiode fällt für den Journalismus dürftig aus.

News 49 bis 60 von 858

Schon gewusst?Der DJV vertritt seine Mitglieder in zahlreichen Gremien und Einrichtungen der Medien. Rundfunkräte, Medienanstalten, Pressevversorgungswerk, VG WORT, VG BILD KUNST, Künstlersozialkasse

In den Aufsichtsgremien vieler Rundfunkanstalten der ARD sitzen nicht nur Politiker. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Der DJV vertritt seine Mitglieder in zahlreichen Gremien und Einrichtungen der Medien. Rundfunkräte, Medienanstalten, Pressevversorgungswerk, VG WORT, VG BILD KUNST, Künstlersozialkasse

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen