News für Freie
Neue Rentenversicherungspflicht für Selbständige - (k)ein Thema für freie Journalisten?
Die Bundesregierung plant eine neue Rentenversicherungspflicht für Selbständige, um deren Altersversorgung zu verbessern. Freie Journalisten, die in der Künstlersozialversicherung versichert sind, werden davon nicht betroffen sein.
Altersvorsorge Selbstständiger Zukünftig sollen alle Personen, die einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, zu einer obligatorischen Alterssicherung verpflichtet werden. Das verbessert den sozialen Schutz von Selbstständigen und wirkt ihrer möglichen Abhängigkeit von Grundsicherungsleistungen im Alter entgegen. Bestehende Alterssicherungslücken sollen so geschlossen und die Rechtslage in Deutschland an die im Ausland angepasst werden. Die wesentlichen Grundzüge des Konzepts sind: Die Altersvorsorgepflicht gilt für alle Selbstständigen mit Ausnahme von bereits anderweitig abgesicherten Personen wie Künstlern, Publizisten, Landwirten sowie in berufsständischen Versorgungswerken abgesicherten Selbstständigen (zum Beispiel Architekten, Ärzte, Rechtsanwälte etc.) [Hervorhebung von Redaktion freienblog]. Selbstständige im rentennahen Alter (über 50-Jährige) sowie nebenberuflich oder geringfügig bis 400 Euro pro Monat verdienende Selbstständige werden von der Vorsorgepflicht ausgenommen. Für heute bereits selbstständig Tätige zwischen 30 und 50 Jahren, die vorgesorgt haben bzw. vorsorgen, gibt es Ausnahme- bzw. Befreiungsregelungen. Die Pflicht zur Altersvorsorge gilt bis zur Grenze einer Basissicherung. Die Altersvorsorge und ihre Erträge dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein. Die Alterssicherung muss als Rente ausgezahlt werden. Die besondere Situation von Selbstständigen wird durch Möglichkeiten zur flexiblen Beitragszahlung und durch Beitragsfreiheit in der Existenzgründungsphase berücksichtigt. Durch Erleichterungen in der Einstiegsphase sollen Unternehmensgründungen nicht gefährdet werden. Im Gegenzug zur Einführung einer generellen Altersvorsorgepflicht werden bisherige Versicherungspflichtregelungen für Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung abgeschafft (insbesondere die Handwerkerpflichtversicherung). Die Altersvorsorgepflicht soll operativ zentral durchgeführt werden. Als Kompetenz- und Wissensträger bietet sich die Deutsche Rentenversicherung Bund an.Kostenbelastung als Problem: Was tun? Zunächst einmal bedeuten die oben stehenden Regelungen: Betroffene ab dem Alter von 50 Jahren und gering verdienende Selbständige sind draußen. Für Personen ab dem Alter von 30 Jahren kommt es darauf an, wie sie bisher vorgesorgt haben. Wer jünger ist oder nicht ausreichend vorgesorgt hat, muss dagegen mit der Pflicht zur Versicherung rechnen. Das bedeutet konkret erst einmal mehr Belastungen. Für drei Viertel der freien Journalisten bedeutet die neue Regelung, wie bereits gesagt, keine Änderung, da sie schon über Künstlersozialkasse oder Rundfunkanstalt in der Gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind. Das übrige Viertel muss überlegen, ob der Weg in Richtung Künstlersozialkasse nicht doch möglich ist - das DJV-Referat Freie Journalisten berät die Mitglieder hierzu gerne. Wer über 30 Jahre ist, sollte sich zusätzlich oder alternativ auch die private Vorsorge überlegen. Hier berät beispielsweise der DJV-Versicherungsmakler Helge Kühl, zu erreichen über: Telefon +49 (0) 4346 / 2 96 02 - 00. Wer absolut scheinselbständig arbeitet, sollte mit dem DJV zusammen prüfen, ob eine Klage auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses möglich ist. Auch eine Anzeige bei der Krankenkasse, die zu einer Betriebsprüfung im Verlag oder Sender führt und damit für die Sozialversicherung sorgt, kann geprüft werden. Eine weitere Alternative gibt es natürlich auch, wie bereits ein Mitglied erfahren durfte. Von der Künstlersozialkasse abgelehnt wegen Scheinselbständigkeit, musste der Betroffene dennoch als freier Mitarbeiter ohne Sozialversicherung (bzw. nur mit selbst gezahlten Krankenkassenbeiträge, aber ohne Rentenbeiträge) für einen Verlag arbeiteten. Eines Tages tauchte die Rentenversicherung auf und wollte ihn, da er ja nur für einen Auftraggeber arbeitete, für vier Jahre Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger nachfordern. Er war ja nicht in der KSK versichert, was bedeutete, er musste eigentlich rund 20.000 Euro nachzahlen (19,9 Prozent aus 25.000 Euro jährlich multipliziert mit vier Jahren rückwirkender Zahlung). Der Kollege bekam logischerweise die Existenzkrise und rief beim DJV an. Beratung: Sie waren ja scheinselbständig, als Arbeitnehmer. Da haftet der Auftraggeber. Die Rentenversicherung begriff das (zum Glück) und die Rechnung landete beim Verlag. Will heißen: Wem die Rentenversicherungspflicht droht (alte oder neue), kann im Falle des Falles eventuell den Auftraggeber in die Haftung nehmen. Der scheinselbständige Mitarbeiter muss für Nachzahlungen nur mit Abzügen von drei Monatshonoraren rechnen, und auch da nur bis zur Pfändungsfreigrenze. Insofern ist das Risiko in dieser Lage für den Freien niedrig und für den Auftraggeber groß. Natürlich gilt das nur für Kollegen, die de facto als Arbeitnehmer tätig sind. Wer nur als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger gilt, müsste in der Tat alles nachzahlen - wie gesagt, wenn er nicht Mitglied der KSK oder schon über die Rundfunkanstalt versichert ist. Die politische Dimension Erste Initiativen, vor allem von Berufsgruppen, die bisher schon kein Pflichtversicherungssystem haben, wenden sich daher per Blog und Petition beim Bundestag gegen die Einführung des neuen Systems. In der Tat scheint es durchaus problematisch, die Finanzierung der Altersvorsorge hier allein bei den Selbständigen abzuladen. Schon seit längerem gibt es die Forderung nach der Ausweitung des Prinzips der Künstlersozialversicherung (Zuschuss zur Gesetzlichen Rentenversicherung) auch auf andere Selbständige. Das würde konkret heißen, dass Auftraggeber mit einer Selbständigen-Abgabe (per Umlage, nicht auf die einzelne Rechnung aufzuschlagen) rechnen müssten und die Einnahmen hieraus die Hälfte der Einzahlungen der Selbständigen finanzieren würden.Es wäre allerdings politisch naiv anzunehmen, dass ein solches sozialstaatliches Mammutprojekt derzeit auf die Agenda der Bundesregierung kommen könnte. Umgekehrt sollte allerdings nicht unterschätzt werden, wie unzureichend viele Selbständige abgesichert sind. Von alleine werden viele auch in Zukunft nicht ausreichend vorsorgen. Manche rechnen schon heute nur noch mit einer Altersversorgung aus der Grundsicherung, für die bekanntlich gar nicht eingezahlt werden muss. Doch ob es diese Grundsicherung in fünf oder zehn Jahren noch in der heutigen Form (Lebensunterhalt, Wohnung, Krankenversicherung kostenfrei auch ohne vorherige Einzahlung) geben wird, darf durchaus bezweifelt werden. Die Kalkulation "Warum zahlen, irgendeiner von der Sozialstaats-Abteilung holt mich schon raus" ist ja genau der Grund, warum die Sozialpolitiker jetzt auf relativen Zwang bei der Vorsorge setzen. Der "free rider" soll eher Vergangenheit werden. Insofern sollte die Diskussion mehr über das Wie als über das Ob laufen. Klar ist natürlich, dass bestimmte Selbständigen-Projekte selbst durch die Pflicht zur Zahlung von 50 Euro und mehr monatlich schon auf der Kippe stehen könnten. Aber es gilt für jede Form sozialstaatlicher Vorsorge und Abgabepolitik, dass bestimmte Geschäftsmodelle dann nicht mehr funktionieren. Auch diese Grundfrage kann man diskutieren, aber Sozialpolitik geht natürlich systemimmanent von der Annahme aus, dass, wer Sozialvorsorge nicht leisten kann, dann auch kein Akteur auf dem Markt sein soll, mit Ausnahme der geringfügig Verdienenden. Jedes Jahr werden in Deutschland Firmen mit der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in die Insolvenz getrieben. Würde das nicht passieren, würden auch die übrigen Unternehmen die Sozialversicherung gar nicht mehr ernst nehmen (und wie an der Scheinselbständigkeit in den Medien zu sehen ist, wird sie heute dennoch nicht ernstgenommen). Mitglieder, die außerhalb der Künstlersozialversicherung stehen und auch nicht über die Gesetzliche Rentenversicherung abgesichert sind, können sich von der DJV-Geschäftsstelle, Referat Freie Journalisten, beraten lassen. Der DJV wird das Thema in seinen Gremien und mit der Politik diskutieren. Mitglieder können auch hierzu jederzeit Informationen und Einschätzungen an den DJV schicken. Allerdings sollte bei allen Aktionen im Kollegenkreis nicht vergessen werden, dass ein Großteil der freien Journalisten gar nicht von den Neuerungen betroffen ist und der Eindruck vermieden werden sollte, dass sich jetzt für "alle Freien" etwas ändern wird. Michael Hirschler, hir@djv.de
News für Freie
Burda-Vertrag - die Risiken im Detail erläutert
Verschiedene Freie haben einen neuen Vertrag von Burda erhalten, der dem Anschein nach auf einem einheitlichen Muster basiert. Der DJV hat den Vertrag bereits öffentlich kritisiert. Nachstehend einige der wichtigsten...
Burda wälzt Haftung ab
Der Deutsche Journalisten-Verband warnt freie Journalistinnen und Journalisten vor Verträgen des Burda-Medienkonzerns, die unfaire Regelungen für Freelancer enthalten.
Es ist wieder soweit!
Auch in diesem Jahr suchen wir zusammen mit dem DJV Hessen das „Foto des Jahres 2020“! Außerdem werden Bilder in sieben weiteren Kategorien prämiert. Bereits zum 14. Mal schreiben die DJV Landesverbände Hessen und Thüringen...
Änderungsbedarf bei Umsetzung
Der Deutsche Journalisten-Verband sieht im Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums zur Umsetzung der DSM-Richtlinie in nationales Recht noch Änderungsbedarf, um die Interessen der Urheber stärker zu betonen.
Freie nicht allein lassen
Der Deutsche Journalisten-Verband appelliert an Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die geplanten Stipendien für freischaffende Künstler auch freien Journalistinnen und Journalisten zukommen zu lassen.
Feste Freie gleich behandeln
Der Deutsche Journalisten-Verband fordert, feste freie Journalistinnen und Journalisten in den Personalräten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit ihren angestellten Kollegen gleichzustellen.
Wie Gewerkschaften die Interessen von Freien besser vertreten können - neues Handbuch aus Europa
Auf djv.de ist jetzt die PDF-Ausgabe eines neuen Handbuches zum Thema, wie Freie erfolgreich von Gewerkschaften vertreten werden können: Das "Handbuch zur gewerkschaftlichen Organisierung". Das Handbuch wurde auf der...
DJV-Fachausschuss Bildjournalisten erarbeitete neue Technikempfehlung
Welche Ausrüstung brauchen Personen, die im Bildjournalismus arbeiten? Der DJV-Fachausschuss der Bildjournalistinnen und Bildjournalisten hat jetzt eine Übersicht erarbeitet, die als "Technikempfehlungen" im Format PDF...
Wenig neue Hilfe von Bund und Ländern für Selbständige
Die neuen Finanzhilfen von Bund und Ländern bringen vielen Selbständigen nur wenig. Der DJV informiert über die aktuellen Programme in einem kompakten "DJV-Tipps für Freie" (PDF). Ebenfalls aktualisiert wurde das...
Informationen zu neuen Hilfen für Selbständige
Die Bundesregierung und einige Länder haben neue Programme aufgelegt, mit denen Selbständige angesichts des Umsatzrückgangs in der Corona-Krise unterstützt werden sollen.Hier eine erste, kurze Übersicht (wird...
Was Freie jetzt wegen der Umsatzsteuer tun müssen
Die Umsatzsteuer ist vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 von 19% auf 16% und von 7% auf 5% gesenkt worden. Dabei gilt das nur für solche Leistungen, die in diesem Zeitraum erbracht werden. Das Bundesfinanzministerium sagt hier...
Staatsgeld muss Freien helfen
Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Zeitungs- und Zeitschriftenverleger dazu auf, die Freien an den Unterstützungsgeldern des Bundes zu beteiligen.
Schon gewusst?Wer arbeitet, macht Fehler. Wer viel arbeitet, viele Fehler. Das gilt auch für bestens ausgebildete Journalisten. Doch mit Training und Weiterbildung neben dem Job können auch Profis noch besser werden. Der DJV bietet daher zahlreiche Bildungsangebote, Seminare, Tagungen und auch Online-Kurse ("Webinare").
Schon gewusst?Wer arbeitet, macht Fehler. Wer viel arbeitet, viele Fehler. Das gilt auch für bestens ausgebildete Journalisten. Doch mit Training und Weiterbildung neben dem Job können auch Profis noch besser werden. Der DJV bietet daher zahlreiche Bildungsangebote, Seminare, Tagungen und auch Online-Kurse ("Webinare").
Weitere interessante Themen
Selbstverlag
Ihr eigenes Buch machen, also eBook oder Printexemplar, mit vonjournalisten.de
...mehr
DJV, Verband der Freien
Über 15.000 Freie sind Mitglied im DJV. Warum, steht in unserem Flyer.
...mehr