Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Urheberrecht

Pflicht zum angemessenen Honorar im Urheberrecht ist verfassungsgemäß - Analyse

28.11.2013

Eine Ohrfeige für die Medienwirtschaft und neuer Schwung für Vergütungsregeln


Der im Urheberrechtsgesetz festgeschriebene Anspruch von Urhebern auf angemessenes Honorar ist verfassungsgemäß, hat das Bundesverfassungsgericht jetzt in einem Beschluss entschieden. Im konkreten Fall war ein Verlag zu Nachzahlungen an den Übersetzer eines belletristischen Werks verurteilt worden. Grundlage für das Urteil war der Anspruch auf angemessenes Honorar aus § 32 Urhebervertragsgesetz. Er macht es Urhebern möglich, trotz eines anderslautenden Vertrags auf Zahlung weiterer Vergütungen zu klagen, wenn das Ausgangshonorar als unangemessen anzusehen ist.

Formaljuristisch handelt es sich dabei nicht um eine Nachzahlungsklage, sondern auf eine Klage auf "Anpassung des Vertrags" in der geforderten Höhe, woraus dann erst der Zahlungsanspruch entsteht.

Der Verlag erhob gegen das Urteil, das auch vom Bundesgerichtshof als höchstem deutschem Zivilgericht bestätigt wurde, vor dem Bundesverfassungsgericht Klage und machte die Verletzung des Grundrechts auf Berufsfreiheit geltend. Das Bundesverfassungsgericht sah in den Regelungen der Paragraphen 32 und auch 36 des Urhebervertragsgesetzes allerdings eine zulässige Einschränkung der Berufsfreiheit. Der Gesetzgeber könne das Grundrecht durch Gesetzesrecht begrenzen, "um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken".

Das Bundesverfassungsgericht befand, der deutsche Gesetzgeber sei "in nachvollziehbarer Weise davon ausgegangen, dass die angemessene Beteiligung der Urheber am wirtschaftlichen Nutzen ihrer Arbeit und Werke nur teilweise gewährleistet ist. § 32 Urheberrechtsgesetz soll insbesondere Urhebern mit schwacher Verhandlungsposition und niedrigen  Einkommen helfen, ihr Urheberrecht auch wirtschaftlich zu realisieren. Die Regelung der gerichtlichen Angemessenheitsprüfung von Urhebervergütungen bringt die Grundrechte der Betroffenen zu einem angemessenen Ausgleich."

So nehme § 32 Urheberrechtsgesetz den Verwertern nicht jeglichen Verhandlungsspielraum hinsichtlich Höhe und Modalitäten  der Urhebervergütung, sondern schließe lediglich die Vereinbarung einer unangemessen niedrigen Vergütung aus. Der Schutz der Verwerter vor unberechtigter Geltendmachung werde dadurch bewirkt, dass es dem Urheber obliege, die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Korrektur des Vertrags darzulegen und zu beweisen.

Das Verfassungsgericht verwies auch auf die gesetzliche Möglichkeit von Verwertern, mit den Verbänden der Urheber gemeinsame Vergütungsregeln im Sinne von § 36 Urheberrechtsgesetz aufstellen zu können, deren Angemessenheit in gerichtlichen Verfahren unwiderleglich vermutet wird. Diese Regelung trage den Interessen der Verwerter Rechnung.

Das Urteil ist in vielerlei Hinsicht für freie Journalisten als sehr positiv zu bewerten. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass Urheber durch die Verwerter wirtschaftlich benachteiligt werden - eine klare Ohrfeige für die Medienwirtschaft. Zum anderen aber hat es deutlich gemacht, dass die Vereinbarung von Vergütungsregeln mit den Verbänden der Urheber eine Hausausgabe für alle Verwerter von urheberrechtlichen Leistungen ist. Denn nur dadurch können sie eine verlässliche Kalkulationsgrundlage gewinnen.

Der DJV hatte im Jahr 2010 nach langjährigen Verhandlungen Vergütungsregeln für Texte in Tageszeitungen mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger abschließen können, Anfang 2013 folgten Vergütungsregeln für Bilder in Tageszeitungen. Über Vergütungsregeln an Zeitschriften wird dagegen immer noch verhandelt, der nächste Verhandlungstermin ist im Dezember 2013. In anderen Medienbereichen wie dem Privatfunk oder bei Nachrichten- oder Bildagenturen stehen Vergütungsregeln noch aus. An Rundfunkanstalten wiederum bestehen in der Regel Tarifverträge für arbeitnehmerähnliche Personen mit ausführlichen Regelungen zum Urheberrecht.

Ein Problem der Vergütungsregeln bleibt jedoch die tatsächliche Umsetzung. Die 2010 und 2013 gefundenen Regelungen für Tageszeitungen werden in vielen deutschen Zeitungen nicht umgesetzt. Daher kommt es immer wieder zu Klagen, die wie im aktuellen Fall des Übersetzers die Vertragsanpassung und Nachzahlung geltend machen. Hier hatten freie Journalisten im Sommer 2013 mit Hilfe des DJV-Landesverbandes Nordrhein-Westfallen bei zwei Zeitungen 10.000 Euro bzw. rund 40.000 Euro an Zahlungen erreichen können. Der DJV plant eine langfristige Kampagne, mit der das Recht auf angemessene Vergütung und die Umsetzung der Vergütungsregeln an Tageszeitung erreicht werden soll. Mittelfristig ist es Absicht, Vergütungsregeln in allen Medienbereichen zu etablieren. Wie das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts zeigt, gibt es dafür jetzt sogar verfassungsgerichtlichen Schwung.

Der DJV fordert außerdem aktuell die Einführung eines Verbandsklagerechts, mit der die Umsetzung von Vergütungsregeln an einzelnen Medienhäusern erreicht werden kann.
Michael Hirschler, hir@djv.de, @freie

Entscheidung: BVerfG, 1 BvR 1842/11 vom 23.10.2013, Absatz-Nr. (1 - 115), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20131023_1bvr184211.html


http://www.twitter.com/freie

News für Freie

dpa

Warnung an Freie vor Knebelvertrag

31.03.21

Der Deutsche Journalisten-Verband warnt Bildjournalistinnen und -journalisten vor der Unterzeichnung eines neuen Vertrags bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Deutsche Welle

Freienvertretung wenig wirksam, dennoch wählen gehen!

26.03.21

Der DJV hält die Vertretung von Freien durch Personalräte für dringend notwendig und fordert aktuell von der Bundesregierung, das Personalvertretungsgesetz entsprechend zu ändern, so dass beispielsweise auch an der Deutschen...

Medien

Lauf für Pressefreiheit startet diesen Sonntag

19.03.21

Jetzt geht es los: Vom 21. März bis zum 1. Mai laufen DJV-Mitglieder in Fünferteams 1.715 Kilometer auf der virtuellen Strecke Berlin-Paris-Brüssel-Luxemburg, um auf aktuelle Probleme der Pressefreiheit aufmerksam zu machen. Die...

Coronakrise

Neues zur Neustarthilfe und Gutes für Bayern

19.03.21

Die Neustarthilfe für Freie, die als Solo-Selbstständige und/oder unständig Beschäftigte tätig sind, wird auch an Freie im Journalismus geleistet. Darauf hat der DJV in letzter Zeit bereits mehrfach hingewiesen. Grundsätzlich...

Thementag Freie

Lebhafte Diskussionen über Zukunft der Freien

18.03.21

Am 15. März 2021 diskutierten DJV-Mitglieder über die Zukunft der Freien. In drei Arbeitsgruppen und anschließend im Plenum diskutierten sie Aktionsvorschläge, die ursprünglich dem DJV-Verbandstag 2020 vorgelegen hatten, der...

Gemeinsame Vergütungsregeln

Volltreffer

16.03.21

Eine freie Journalistin wurde um 66.000 Euro reicher. Diese Summe sprach ihr das OLG Nürnberg als Honorarnachzahlung zu. Ihre Zeitung wollte sie mit 14 Cent pro Zeile abspeisen.

Freie

Aufbruch!

15.03.21

Keiner Gruppe im Journalismus hat die Corona-Pandemie so zugesetzt wie den Freien. Wie geht es jetzt weiter? Antworten werden heute beim DJV-Thementag Freie gesucht.

Kulturhilfen

Freie Journalisten nicht vergessen

05.03.21

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert Kulturstaatsministerin Monika Grütters auf, bei den geplanten Hilfen des Bundes für Kulturschaffende auch freie Journalistinnen und Journalisten zu berücksichtigen.

Funke-Mediengruppe

Lorbeeren verspielt

23.02.21

Nach dem Hackerangriff auf die Funke-Mediengruppe warten viele Freie immer noch auf ihre Honorare. Geld? Fehlanzeige. Interne Kommunikation? Totalausfall. Ein Trauerspiel.

Bildhonorare

Verlässliche Konstante in Krisenzeiten: mfm-BILDHONORARE 2021 erschienen!

22.02.21

Die jährlich von der mfm ermittelten marktüblichen Honorare für Fotonutzungen in Deutschland werden in der Publikation „mfm-BILDHONORARE“ veröffentlicht. Die Ausgabe 2021 ist ab sofort in der gedruckten Version und auch im...

Umfrage

Soziale Lage in der Film- und Fernsehbranche wird untersucht

19.02.21

Eine aktuelle Branchenumfrage soll die Arbeitsbedingungen und soziale Lage der Berufstätigen in der Film- und Fernsehbranche erforschen. Die Umfrage ist vom Senat von Berlin beauftragt worden. Die Ergebnisse sollen einem...

Corona-Krise

Neustarthilfe kann jetzt beantragt werden

16.02.21

Die Neustarthilfe des Bundes ist für Solo-Selbstständige jetzt abrufbar. Freie, die in Personengesellschaften (z.B. GbR, Partnerschaften) oder Kapitalgesellschaften (z.B. UG, GmbH) arbeiten, müssen sich dagegen noch...

News 73 bis 84 von 858

Schon gewusst?Der DJV vertritt seine Mitglieder in zahlreichen Gremien und Einrichtungen der Medien. Rundfunkräte, Medienanstalten, Pressevversorgungswerk, VG WORT, VG BILD KUNST, Künstlersozialkasse

In den Aufsichtsgremien vieler Rundfunkanstalten der ARD sitzen nicht nur Politiker. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Der DJV vertritt seine Mitglieder in zahlreichen Gremien und Einrichtungen der Medien. Rundfunkräte, Medienanstalten, Pressevversorgungswerk, VG WORT, VG BILD KUNST, Künstlersozialkasse

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen