Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Juristische Analyse

Vergütungsregeln gekündigt – darf jetzt „endlich“ wieder unangemessen bezahlt werden?

03.03.2017

Urheberrechtsgesetz mit Anspruch auf angemessenes Honorar gilt weiterhin

Die Zeitungsverleger haben die Vergütungsregeln gekündigt. Jetzt fragen sich Redaktionen, Freie und vermutlich auch mancher Verleger: Müssen jetzt eigentlich noch Honorare in Höhe der Vergütungsregeln gezahlt werden? Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Kündigung überhaupt rechtswirksam ist. Beispielsweise sehen die Vergütungsregeln sehen kein Kündigungsrecht vor. Zudem stellen sich noch zahlreiche weitere juristische Fragen, die eine wirksame Kündigung in Frage stellen.

Selbst wenn es sich doch um eine rechtswirksame Kündigung handeln würde, wären die Vergütungsregeln weiter zu beachten. Denn Fakt ist: Auch nach der Kündigung der Vergütungsregeln gibt es das Urheberrechtsgesetz, und dort ist der Anspruch auf angemessene Vergütung geregelt. Was angemessen ist, kann in Vergütungsregeln definiert werden. Eine Vergütung, die durch gemeinsame Vergütungsregeln ermittelt wurde, ist angemessen. Diese Vermutung der Angemessenheit fällt aber weg, wenn die Regeln gekündigt sind. Gerichte können aber den insoweit unwirksam gewordenen Vergütungsregeln schon bisher Indizwirkung zumessen, um die Angemessenheit einer Vergütung festzustellen.

Außerdem gilt seit dem 01. März der neue § 36c UrhG. Danach kann sich ein Verlag, der an der Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln beteiligt war, nicht auf eine Bestimmung berufen, die zum Nachteil des Urhebers von den gemeinsamen Vergütungsregeln abweicht. Diese Regel verlängert die gekündigten Vergütungsregeln zwar nicht, verstärkt aber ihre Indizwirkung. Es ist daher bis zum Abschluss neuer Vergütungsregeln recht wahrscheinlich, dass Gerichte bei der Ermittlung der Angemessenheit bereits abgeschlossene Vergütungsregeln trotz ihrer Kündigung berücksichtigen werden.

Sollten die gekündigten Vergütungsregeln nicht mehr als Maßstab in Betracht kommen, bleiben die Regeln des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Freie an Tageszeitungen. Auch diese können ebenfalls für die Angemessenheitsprüfung herangezogen werden.   

Ein Verlag könnte schließlich schwerlich behaupten, dass die wirtschaftliche Situation vor der Kündigung der Vergütungsregeln, also vor dem 1. März 2017 wesentlich anders war als in der Zeit danach. Daher würde ein Gericht die bis zum 28. Februar 2017 geltenden Vergütungsregeln immer noch als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Angemessenheit heranziehen.

Gleichwohl führt die Kündigung der Vergütungsregeln zu einer gewissen Unsicherheit für alle Betroffenen, auch und gerade für Verlage selbst. Denn es könnte durchaus sein, dass im Fall von Klageverfahren von Freien Gerichte auch zu Entscheidungen kommen würden, nach denen deutlich mehr als nach den Sätzen der Vergütungsregeln gezahlt werden muss. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Vergütungsregeln aus dem Jahr 2010 bzw. für Fotos aus 2013 stammen, mittlerweile der Geldwert gesunken ist und das Urheberrechtsgesetz seit dem 1. März 2017 bei der Ermittlung der Angemessenheit auch die Häufigkeit und Ausmaß der Nutzungen berücksichtigt sehen will.

Ein Verlag ist also gut beraten, die Vergütungsregeln weiter mindestens "entsprechend" anzuwenden. Wegen der Kündigung der Vergütungsregeln allerdings mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor. Am besten wäre es für einen Verlag, wenn er sicherheitshalber einen gewissen Aufschlag auf die Sätze der Vergütungsregeln zahlen würde, um spätere Nachzahlungen zu vermeiden.

Besser wäre es natürlich, wenn Verlage den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) dazu auffordern würden, diese Rechtsunsicherheit schnellstens zu beseitigen und zeitnah neue Vergütungsregeln abzuschließen. Aus Sicht des DJV ist eine Erhöhung der Sätze in jedem Fall erforderlich.

Redakteure und Freie an Zeitungen sollten sich jetzt zusammensetzen und gemeinsam gegenüber ihren Geschäftsführungen dafür eintreten, dass der Verlag Druck auf den BDZV ausübt und bis zum Neuabschluss „Vergütungsregeln plus“ zahlt. Dieses „Plus“ darf nicht unter der Summe der seit Inkrafttreten der Vergütungsregeln erfolgten linearen Honorarerhöhungen nach dem genannten Tarifvertrag liegen. Wie hoch es darüber hinaus ausfallen muss, wird der DJV im Fall von Verhandlungen noch ausführlich erläutern.


Michael Hirschler/Benno H. Pöppelmann (Beitrag am 9.3.2017 überarbeitet)

News für Freie

Corona und die Freien

Hilfsmaßnahmen werden auch 2022 fortgesetzt

25.11.21

Aufträge werden gecancelt, Events werden abgesagt: Corona trifft die Freien schon wieder in aller Härte. Hier die wichtigsten Informationen dazu in Kürze:

Übergriffe

Medienhäuser in der Pflicht

08.11.21

Die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten bei der Berichterstattung muss spürbar verbessert und die Pressefreiheit in vollem Umfang gewährleistet werden.

Presseauskünfte

Regierung weiß nichts

08.10.21

Die amtierende Bundesregierung ist fast schon Geschichte, aber nur fast: Ihr Nichthandeln beim Auskunftsrecht der Medien wirkt in die kommende Legislaturperiode hinein.

Medienanfragen

Spahn missachtete Pressefreiheit

22.09.21

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßt die Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts vom gestrigen Dienstag zum presserechtlichen Auskunftsanspruch auf Bundesebene (BVerwG 6 A 10.20).

Corona-Krise

Hilfen für Selbständige bis Jahresende 2021 verlängert

09.09.21

Die Bundesregierung verlängert die Hilfen für Selbständige bis zum Jahresende 2021. Das gilt sowohl für die Neustarthilfe Plus als auch die Überbrückungshilfe Plus. Das bedeutet beispielsweise, dass im Rahmen der Neustarthilfe...

Afghanistan

Unterlagen erhalten

03.09.21

Das Bundesverteidigungsministerium hat zugesagt, Unterlagen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr für den Bundestag aufzubewahren. Davon dürften auch Journalisten profitieren.

Dieselaffäre

Transparenz vor der Wahl

19.08.21

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert vom Bundesverkehrsministerium noch vor der Bundestagswahl Aufklärung über die sogenannte Dieselaffäre.

Bestseller

Nachvergütungen einfordern

30.07.21

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert alle Urheberinnen und Urheber auf, gegenüber ihren Auftraggebern auf Nachvergütung zu pochen, wenn mit ihren Werken unerwartet große Gewinne erzielt werden.

Schwarz-rote Gesetzgebung

Bescheidene Bilanz

29.07.21

Die Bilanz der schwarz-roten Bundesregierung in der zu Ende gehenden Legislaturperiode fällt für den Journalismus dürftig aus.

Corona-Krise

Neue Hilfen für Freie

21.07.21

Der DJV informiert in einem aktuellen "Tipps für Freie" über neue Hilfen für Freie angesichts fortdauernder wirtschaftlicher Schwierigkeiten in Zusammenhang mit der Corona-Krise. Link zum DJV-Tipps für Freie (PDF)

Corona-Krise

Arbeitsstipendien der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst

14.07.21

Mit Hilfe eines schmalen  Förderungsprogramms der Bundesregierung versucht die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst in der Corona-Krise zu helfen. Im Rahmen des Programms "Neustart Kultur" werden nach Antrag und...

Gesetzgebung

Auf die lange Bank geschoben

21.06.21

Der Bundestag beginnt seine letzte Sitzungswoche vor der Wahl. Das Presseauskunftsgesetz wird nicht mehr verabschiedet.

News 49 bis 60 von 855

Schon gewusst?Der DJV vertritt seine Mitglieder in zahlreichen Gremien und Einrichtungen der Medien. Rundfunkräte, Medienanstalten, Pressevversorgungswerk, VG WORT, VG BILD KUNST, Künstlersozialkasse

In den Aufsichtsgremien vieler Rundfunkanstalten der ARD sitzen nicht nur Politiker. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Der DJV vertritt seine Mitglieder in zahlreichen Gremien und Einrichtungen der Medien. Rundfunkräte, Medienanstalten, Pressevversorgungswerk, VG WORT, VG BILD KUNST, Künstlersozialkasse

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen