Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Soziales

Will Europa mehr für Freie tun?

01.04.2015

Sturmtief "Niklas" hält Europa-Lobbyisten nicht von Terminen ab

Trotzen Stürmen und Depressionen: Renate Schröder (EJF) und Jutta Steinruck (SPD-EP), Foto: M. Hirschler

Journalisten arbeiten unter schwierigen Arbeitsbedingungen. Zeitungen, die sich in tariflose Kleinunternehmen aufteilen, Online-Abteilungen mit weniger Rechten als die Print-Beschäftigten, immer mehr Freie ohne ausreichende Bezahlung: Der Europa-Abgeordneten Jutta Steinruck sind die Probleme der Medienwelt aus eigener Anschauung gut bekannt. Blätter wie die "Rheinpfalz" und die "Rhein-Zeitung" haben sie als SPD-Politikerin aus Rheinland-Pfalz immer begleitet, genau wie die Anliegen der Mitarbeiter dieser Tageszeitungen. Gute Voraussetzungen für ein Gespräch über die Situation der Freien und darüber, was Europa für diese Berufsgruppe besser machen kann.

Renate Schröder von der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF, ein Verbund von Journalistenorganisationen, in dem auch der DJV Mitglied ist) und Michael Hirschler vom DJV (als Vertreter der Arbeitsgruppe der Freien innerhalb der EJF) trafen die Politikerin am 31. März 2015 zu einem einstündigen Gespräch im Europäischen Parlament in Brüssel. Der Termin fand trotz eines Bahnstreiks in Belgien und trotz Sturmtief "Niklas" statt, das den Bahnverkehr in Nordrhein-Westfalen lahmlegte - von der Bonner Geschäftsstelle des DJV konnte die europäische Hauptstadt trotz einigem Gegenwind mit dem Auto pünktlich erreicht werden.

Kern des Gesprächs waren die drängenden Probleme in allen europäischen Mitgliedsstaaten. Es gibt erhebliche Lücken bei der sozialen Absicherung, keine echten Verhandlungsmöglichkeiten für Gewerkschaften, in manchen Mitgliedsstaaten dürfen Freie gar nicht in die Gewerkschaft - oder das Kartellamt verbietet die Aufstellung von Honorarvereinbarungen.

Was kann Europa unternehmen? Richtlinien zur Frage, wer als Beschäftigter soziale Rechte haben sollten? Für Jutta Steinruck als Mitglied des Ausschusses für Beschäftigung und Soziales im Europäischen Parlament würde eine solche Forderung von Seiten der Journalistengewerkschaften sicherlich logisch erscheinen. Die Vertreter der Gewerkschaften machten allerdings deutlich, dass die Organisationen in Europa hier unterschiedliche Ansätze verfolgen. Während es in Frankreich ein Gesetz gibt, nach dem freie Mitarbeiter in den Medien als Angestellte zu behandeln sind, wird in Skandinavien hohen Wert darauf gelegt, dass Freie als Selbständige gelten. Gemeinsam ist beiden Konzepten allerdings, dass soziale Sicherheit für Freie in beiden Welten vorhanden sein soll.

Gerade für Freie, die europaweit arbeiten, wird das fehlende Netz zum Problem. Ein Beispiel: Ein französischer Fotograf, der für eine deutsche Bildagentur tätig ist, wurde bei der Revolution in Tunesien durch einen Schuss tödlich verletzt. Seine Familie bekommt aber keine Leistungen. Nach französischem Recht hätte er einen Anspruch gehabt - er hätte als Angestellter gegolten und entsprechend eine Unfallversicherung gehabt. Nach deutschem Recht galt er jedoch als Selbständiger, - diese müssen sich selbst versichern. Vermutlich war dem Fotojournalisten das nicht einmal bekannt, sonst hätte er sich wahrscheinlich auch entsprechend selbst versichert. Nur elf Prozent der Freien und nur 25 Prozent aller freien Bildjournalisten versichern sich jedoch - auf eigene Kosten - gegen Arbeitsunfälle.

Hat Europa Antworten darauf, wie die soziale Sicherheit für Personen aussehen soll, die als Freie arbeiten? Im Gespräch mit Jutta Steinruck zeigte sich, dass diese Frage gerade auch in Zusammenhang mit der "Digitalen Agenda" gesehen wird. Wie soll die Arbeitswelt der Zukunft aussehen, wie wird diese gesetzgeberisch behandelt? Jutta Steinruck findet diese Fragen wichtig und will sich an dieser Debatte beteiligen. Sie überlegt eine parlamentarische Anfrage bei der Kommission, ob die soziale Absicherung der Freien überhaupt systematisch erfasst wird. Sie weist aber auch deutlich darauf hin, dass die Journalistengewerkschaften mit allen Parteien und Vertretern im Parlament in Kontakt treten müssen. Gerade in Osteuropa gebe es sehr viel Skepsis gegenüber sozialpolitischen Initiativen. Eine Einschätzung, die von der EJF-Vertreterin Renate Schröder bestätigt wurde. Die Journalisten-Föderation führe hier viele Seminare durch, um die Organisationen vor Ort zu stärken.

Vorsichtiger Optimismus also nach einem Gespräch mit der Politikerin, die übrigens auch "Botschafterin im Kampf gegen Depressionen" ist, einer Erkrankung, die bekanntlich auch bei Journalisten sehr verbreitet ist und für einen großen Teil der Berufsunfähigkeitserkrankungen von Medienarbeitern verantwortlich ist.

Wie geht es weiter? Die EJF bleibt in Kontakt mit der Politikerin und baut den Kontakt zu ihren Kollegen aus. Die Thematik der sozialen Sicherheit wird auch das Thema eines europaweiten Webinars sein, das am 21. April 2015 stattfinden wird: EFJ webinar on social security for freelance journalists in Europe


M. Hirschler

News für Freie

Pressefreiheit

Serbische Journalisten suchen Schutz im Ausland

21.03.24

"Die Bedrohungen gegenüber meiner Person haben ein unerträgliches Maß erreicht", berichtete eine Journalistin aus Serbien am 18. März  auf einer Onlineveranstaltung der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF). "Ich denke,...

Cicero

Verdientes Urteil

15.02.24

Das Magazin Cicero hat einen juristischen Sieg gegen das Bundeswirtschaftsministerium errungen: Das Ministerium muss die Akten zu einer möglichen Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken herausrücken.

DJV wirkt

Bund führt Mindesthonorare für Freie ein

13.02.24

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßt die Einführung von Mindesthonoraren für freie Journalistinnen und Journalisten bei Institutionen, die Fördermittel des Bundes erhalten.

Springer

Deal mit Open AI

15.12.23

Springer hat mit Open AI einen Vertrag über die Nutzung redaktioneller Inhalte aus mehreren seiner Medien für ChatGPT geschlossen. Es geht um einen zweistelligen Millionenbetrag. Vorbild für andere Medienhäuser?

Zeitungsjournalisten

Inflationsausgleich vereinbart

02.10.23

Die Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen erhalten ab Oktober eine monatliche Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 120 Euro.

Appell an Roth

Mindesthonorare für Freie

25.09.23

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf, bei der Definition einer Honoraruntergrenze für Künstlerinnen und Künstler die freien Journalisten nicht zu vergessen.

Fotografie

Politiker vor die Linse

02.08.23

Die bayerische Staatskanzlei gibt unter Markus Söder zehnmal soviel für Fotografen aus wie unter seinem Vorgänger Horst Seehofer. Gut für die Berufsfotografen. Das Vorbild von Robert Habeck macht in Bayern tatsächlich Schule....

Auskunftsrecht

Schlappe für Hamburger Polizei

26.07.23

Mit ihrer Blockadehaltung gegen eine Journalistin des Stern kam die Hamburger Polizei nicht durch. Das Gericht verurteilte die Behörde dazu, Auskunft zu erteilen. Gut so.

Künstlersozialkasse

Abbuchung für Juli 2023 ist korrekt trotz irreführender Empfängerangabe

10.07.23

Wilhelmshaven, 10. Juli 2023 (fw/KSK, hir/DJV). In den letzten Tagen ist es bei der Abbuchung der Versicherungsbeiträge und der monatlichen Vorauszahlungen/Künstlersozialabgabe durch die Postbank zu einer Textänderung gekommen,...

Presseauskunft

Finanzministerium muss reden

06.07.23

Justitia hat gesprochen: Das Bundesfinanzministerium muss Pressefragen zu den Hintergründen eines Grußworts von Christian Lindner beantworten. Der Ressortchef hat bislang gemauert.

Bildjournalismus

Frist läuft ab - jetzt noch schnell die Honorare für 2022 bei der VG Bild-Kunst melden!

01.06.23

Für die Wahrnehmungsberechtigten der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst tickt die Uhr: nur noch bis zum 30. Juni 2023 können sie ihre Meldungen einreichen. Da dieses mittlerweile auch online möglich ist, gibt es auch keine...

Medieninformationen

Gesetz angemahnt

19.05.23

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Ampelkoalition auf, das im Koalitionsvertrag versprochene Auskunftsrecht für Medien endlich in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen.

News 1 bis 12 von 855

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen