News für Freie
Wo es verlässliche Honorardaten für freie Journalisten gibt
Eine von diversen Netzdiensten propagierte Sammelaktion hinsichtlich Honorare freier Journalisten darf durchaus für Verwunderung sorgen. Manche halten sie sogar für kontraproduktiv.
Zunächst einmal scheint erstaunlicherweise (und das unter Journalisten) unbekannt zu sein, dass es bereits seit Jahren, wenn nicht seit über einem Jahrzehnt und länger ausführliche Honorarlisten gibt, so etwa schlappe "2.500" Honorarsätze unter journalismus.com und zudem seit einiger Zeit auch bei mediafon.net. Es ist schon recht merkwürdig, dass solche Listen nicht bekannt sind und deswegen eine eher behelfsmäßig wirkende neue Aktion lanciert wird.
Die Auflistung solcher Honorardaten ist dabei allerdings oft genug nicht immer sehr aussagekräftig, weil oft Angaben zu den vereinbarten Nutzungsbedingungen der Beiträge fehlen. Darüber hinaus sorgen die Sammelaktionen oft genug für selektiv negative Daten: Oft genug melden sich vor allem diejenigen, die besonders schlecht verdienen. Ihre fromme Hoffnung lautet dabei: Je krasser die genannten Zahlen sind, desto mehr Betroffenheit wird erzeugt (eine Hoffnung, die leider trügt). Wer dagegen gut honoriert wird, nennt seine Honorardaten eher nicht, weil er die gut zahlende Redaktion nicht düpieren will - denn diese würde durchaus mal mit Rückfragen von oben rechnen dürfen, wenn sie nach oben aus der Reihe tanzt.
Die Auflistung von Einzelhonoraren wird aus diesem Grund vom Fachgremium der freien Journalisten im DJV seit Jahren abgelehnt: Die Auflistung der niedrigen Honorarhöhen setzt die Redaktionen, die (noch) gut zahlen, massiv unter Druck. Controller und Mitglieder von Geschäftsführungen drucken solche Listen aus und beginnen Diskussionen, warum man denn über diesem Niveau liege.
Aus diesem Grund sammelt der DJV regelmäßig in anonymen, externen und internen Umfragen viele Honorardaten, die in allgemeine Übersichten einfließen, mit denen die Honorarspannen abgebildet werden sollen. Seit 13 Jahren wird dazu die jährliche Übersicht "Vertragsbedingungen und Honorare" veröffentlicht, in denen zahlreiche Preisübersichten und Honorarmodelle dargestellt werden, Mustervertragsbedingungen, Tarifverträge, Vergütungsregeln, die im Übrigen im Anhang zahlreiche weitere Adressen für Quellen im In- und Ausland auflisten. Weiterhin gilt als allgemeine Honorarliste für den Bereich Bildhonorare die Übersicht der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM), sowohl mit Vertragsbedingungen als auch Honorardaten.
Weiterhin Honorarmeldungen können seit Jahr und Tag unter http://frei.djv-online.de/?s=Honorarmeldung (Umzug auf djv.de geplant) eingereicht werden
Die vom BDZV unabhängige verleger-orientierte "Forschungsstelle Vergütung" hat übrigens auch - für die neuen Bundesländer - eine Übersicht der ihrer Ansicht nach maßgeblichen Durchschnittspreise erstellt, wohlgemerkt mit der Absicht, die (höheren) Sätze der Vergütungsregeln in Frage zu stellen. Für die Arbeit dieser "Forschungsstelle" ist die aktuelle Honorarsammel-Aktion natürlich durchaus sehr hilfreich - jeder Beweis, dass Honorare im Keller sind (nach Ansicht der Forschungsstelle wohl: auch dahin gehören), ist dort willkommen.
Die Sorge unter vielen Freien ist groß, dass die gut gemeinte "Aktion" das bereits sehr negative Bild der Situation der Freien weiter verschlechtern wird und Auftraggeber diese "Standardpreise" als neues Leitbild nehmen. Um eine Aktion für ein besseres Image der Freien handelt es sich jedenfalls nicht. Und dabei wird kolportiert, die Initiatoren der Aktion hätten vor Jahren einmal zum Ziel gehabt, eine Verbesserung dieses Images zu erreichen...
Wie dem auch sei: Natürlich wird auch innerhalb des DJV weiter darüber diskutiert werden, ob denn das einfache Rauspusten von Honorarwerten von irgendwelchem Nutzen sein kann. Wer allerdings glaubt, dadurch Betroffenheit und damit Änderungen bewirken zu können, der sollte schon jetzt wissen, dass die "große Öffentlichkeit" ein recht gleichgültiges Wesen ist. In Italien nimmt beispielsweise nimmt die "Öffentlichhkeit" schon seit Jahren hin, dass Freie monatlich weniger als 500 Euro verdienen, wie eine Tagung der Europäischen Journalisten-Föderation im Jahr 2012 zeigte.
Die gleiche "Öffentlichkeit" erträgt bekanntlich auch schon seit mehreren Jahren, dass die Verlagswelt vollkommen unverfroren rechtsgültig vereinbarte Vergütungsregeln ignoriert, die mitunter ein Mehrfaches der jetzt in der aktuellen Aktion, aber auch in den bereits vorhandenen Honorartabellen genannten Honorare ausmachen. Änderungen für Freie sind wohl nur anders zu erreichen. Betroffenheitsaktionen riskieren dagegen, durchaus kontraproduktiv zu wirken.
Michael Hirschler, hir@djv.de
(Anmerkung: Die erste Version des Beitrags ist durch einen technischen Fehler im CMS untergegangen, so dass Verlinkungen hierauf nicht mehr gültig sind und wohl auch Kommentare fehlen)
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