Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten
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Umgang mit Populisten: „Ich bin ratlos“

23.09.2019

Die Journalisten Tarek Khello und Tobias Wolf sowie der Twitter-Dokumentator Johannes Filous kommen bei ihrer Arbeit in Sachsen fast täglich mit Populisten in Kontakt.

Was bedeutet Populismus für Euch, wollte Moderator Johannes Meyer von den Podiumsteilnehmern zum Einstieg wissen. Filous berichtet auf dem Twitter-Kanal @streetcoverage seit 2015 von rechten Strömungen, 2016 richtete er sogar einen eigenen Kongress zum Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (2gather, 52-seitige Dokumentation) aus. Typisch seien beim Populismus „viel zu einfache Lösungen für viel zu komplexe Probleme“, erklärte Filous. Tobias Wolf (@twobserve), als Autor, Journalist und Fotograf vor allem für die Sächsische Zeitung in Dresden tätig, ergänzte: „Populismus heißt auch, etwas volksnah rüberzubringen“, gefährlich werde dies, wenn sich große Teile der Bevölkerung nicht mehr für Fakten interessierten.

Tarek Khello (@tarekkhello), der vor allem für den MDR tätig ist, berichtete, wie er die negativen Seiten des Populismus am eigenen Leib zu spüren bekam. Der 2013 aus Syrien nach Deutschland geflohene Journalist wurde zwei Mal angegriffen und wird häufig diskriminiert, wie er im August dem Tagesspiegel berichtete. Als Populismus erlebe er Menschen, „die uns wegen unserer Herkunft angreifen“.

Auch für den in Sachsen aufgewachsenen Journalisten Wolf ist es seit fünf Jahren schwierig, seinem Beruf ungestört nachzugehen: Man habe bestimmte Sicherheitsvorkehrungen getroffen, wegen der Bedrohungen durch Rechte sei man mittlerweile schon regelrecht abgestumpft. Die häufig von Rechtspopulisten vorgetragene Klage „In diesem Land darf man seine Meinung nicht sagen“, bekomme durch diese Drohlagen eine ganz andere Bedeutung.

Immer wieder ärgere er sich über die „Großkopfjournalisten aus Berlin“, die als „Fallschirmjournalisten“ auftauchten und mitunter krasse Stereotypen wie „das sind alles Rechtsradikale“ von der politischen Lage in Sachsen vermittelten: „Das ist schädlich“, mahnte Wolf.

Ähnliche Beobachtungen machte auch Johannes Filous, er berichtete, dass an den montäglichen Pegida-Kundgebungen in Dresden noch rund 1000 bis 1500 Menschen teilnehmen. Gegenüber den dort geäußerten rassistischen und antidemokratischen Aussetzern sei man inzwischen abgestumpft, sagte Filous. Er stelle auch bei der Zivilgesellschaft ein Abstumpfen fest. Warum dieses rechte Gedankengut so bei einigen Menschen verfängt, könne er nicht erklären.

Wolf erklärte, dass seine Zeitung über diese Kundgebungen nur noch berichte, wenn etwas passiert: „Wir beobachten das aus Chronistenpflicht“. Wolf, der bei seiner Arbeit viel unterwegs ist, kann sich die Wahlerfolge der AfD auch nicht erklären: „Ich bin ratlos“.

Einig waren sich die Podiumsteilnehmer, dass die Debattenkultur im Netz als massiver Verstärker für rechtspopulistisches Gedankengut dient: „Die Rülpser am Stammtisch finden im Netz statt“, brachte es Tobias Wolf auf den Punkt.

Trotz der politisch nicht unbedingt erquicklichen Situation und den mitunter bei der Arbeit auftretenden Problemen zeigten diese drei Kollegen, dass sie mit ihrer mutigen und um größtmögliche Objektivität bemühten Arbeitsweise diesen Umständen zu trotzen versuchen – die Arbeiten der drei Männer belegen dies auch nachdrücklich. Hier setzt auch schon der einzige Kritikpunkt an diesem spannenden Panel an: Ein Teilnehmer bemängelte, dass nur vier Männer diese Runde gestalteten.

Thomas Mrazek (@tmrazek)

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