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Künstlersozialkasse hat Zukunft, meinen Arbeitsministerin Nahles und Staatsministerin Grütters

17.06.2016

Senkung der Künstlersozialabgabe im Jahr 2017 angekündigt

Keine Angst vor großen Tieren: Andrea Nahles findet die Künstlersozialversicherung gut. | Foto: Hirschler

Die Künstlersozialversicherung hat aus Sicht der Bundesregierung eine sichere Zukunft. Das machte Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles bei einer Tagung am 14. Juni 2016 in Berlin deutlich. Die Gesetzgebung der Koalition habe die Zahl der Abgabepflichtigen für die Künstlersozialkasse deutlich erhöht, so dass der Abgabesatz im Jahr 2017 auf 4,8 Prozent sinken könne, erklärte Nahles. Die soziale Sicherung der Künstler und Publizisten sei ein wichtiger Baustein der Freiheit der Kunst- und Meinungsfreiheit, die Verfassungsrang habe, betonte auch die Kulturstaatsministerin Monika Grütters in ihrem Redebeitrag. Es gelte, diese kulturpolitische Errungenschaft zu verteidigen. Die Tagung unter dem Titel "Zukunftswerkstatt" wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veranstaltet.

DJV-Bundesvorstandsmitglied Christoph Holbein forderte auf einer Podiumsdiskussion während der Tagung Maßnahmen des Gesetzgebers, um auch ausländische Konzernen zur Finanzierung der Künstlersozialversicherung heranzuziehen. Firmen wie Google, Facebook oder Amazon nutzten die Leistungen freier Künstler und Publizisten, ohne dafür Künstlersozialabgabe zu zahlen. Holbein machte auch darauf aufmerksam, dass die Situation der freien Journalisten durch die Zusammenlegung von Medienhäusern, unfaire Regelungen in Verträgen zur Nutzung ihrer Beiträge und Kürzungen der Honoraretats immer prekärer wird. Ihm assistierte bei dieser Position der Musiklobbyist Dieter Gorny, der betonte, dass seine Branche nie den Fehler der Medien begangen habe, ihr Produkt kostenlos anzubieten: "Unsere Produkte waren immer wertgestellt". Gorny forderte ebenso wie Holbein die Einbeziehung ausländischer Konzerne in Abgabepflichten in Deutschland.

Die Künstlersozialabgabe ist nicht kompliziert, das betonten Vertreter von so genannten Ausgleichsvereinigungen. Sie wiesen damit die Kritik eines Vertreters des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) zurück, der von überbordenden Bürokratiekosten gesprochen hatte. Firmen oder Einrichtungen, die Mitglied einer Ausgleichsvereinigung werden, können Durchschnittssätze für die jeweilige Branche festsetzen. Dadurch wird den Firmen eine Dokumentation von Zahlungsvorgängen für die Erhebung der Künstlersozialabgabe weitgehend erspart. Allerdings sahen Redner hier einigen Reformbedarf. Es sei unglücklich, wenn Mitglieder einer Ausgleichsvereinigung mitunter dennoch von der Rentenversicherung geprüft werden und dann - anlässlich der Prüfung - ein Aufwand entsteht, der durch die Mitgliedschaft in der Ausgleichsvereinigung eigentlich hatte unterbleiben sollen.

In einer Diskussion über die Rolle der Künstlersozialabgabe in der Designbranche machte ein Vertreter einer Werbeagentur klar, dass die Künstlersozialabgabe bei Verhandlungen mit Kunden keine Rolle spiele. Sie gehöre zu den Nebenkosten, die es bei Projekten immer gebe und damit abzuhaken wären.

In einer weiteren Diskussionsrunde wurde diskutiert, inwieweit die reguläre Sozialversicherung auf die Situation von unregelmäßig eingesetzten Mitarbeiter passt und ob die Künstlersozialversicherung eine bessere Alternative sei. So schlug Rolf Bolwin vom Bühnenverein vor, die generelle Sozialversicherung erst zum Zuge kommen zu lassen, wenn eine bestimmte Mindestzahl von Arbeitstagen bei einem einzelnen Arbeitgeber vorliege, beispielsweise sieben Tage. An dieser Konstruktion gibt es freilich Zweifel, weil sie Arbeitgeber dazu motivieren würde, Mitarbeiter genau auf diese Tageszahl zu begrenzen, um dann mit einem ganzen Heer von Mitarbeiter mit begrenztem Tagesvolumen die Sozialversicherung zu umgehen. Schon heute versuchen deutsche Rundfunkanstalten, durch entsprechende Arbeitsbegrenzungen das Arbeitsrecht zu umgehen, indem sie "Limitierungen" oder "Prognosegrenzen" für die Mitarbeit festsetzen.

Der Tagung ist es auf diese Weise gelungen, die aktuellen Themen rund um die Künstlersozialversicherung in sehr konzentrierter und konstruktiver Form zu diskutieren. Ob sich Fundamentalisten rund um den BDI allerdings davon abhalten lassen, weiterhin gegen die Künstlersozialabgabe zu polemisieren, dürfte zweifelhaft sein. Das Signal der Veranstaltung ist allerdings klar: Es gibt eine klare politische Botschaft der Bundesregierung und eine Koalition mit großen Teilen der Verwerter, dass die Künstlersozialversicherung und deren Finanzierung über die Künstlersozialabgabe Zukunft haben.

Michael Hirschler, hir@djv.de
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