Der Deutsche Journalisten-Verband hat Mitte Januar 2025 die Social-Media-Aktion #StopptFakeNews gestartet.
HINTERGRUND
Am 23. Februar 2025 steht die für unsere Demokratie und Pressefreiheit bedeutende nächste Bundestagswahl an. Leider versuchen im Vorfeld zunehmend mehr Akteure aus dem In- und Ausland, das Wahlverhalten der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger durch online verbreitete Desinformation zu manipulieren. Es ist deshalb mehr denn je die wichtige Aufgabe der Journalistinnen und Journalisten, Informationen kritisch zu hinterfragen, angemessen einzuordnen und – falls nötig – zu widerlegen.
ZIEL
Ziel unserer Social-Media-Aktion #StopptFakeNews ist, das Bewusstsein für Desinformation zu erhöhen, zu deren Erkennung beizutragen und so die Verbreitung von Desinformation durch Weiterleitung einzudämmen.
SOCIAL-MEDIA-AKTION
Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten erklären in Kurzvideos ihre Sicht auf Desinformation, deren Gefahr, mögliche Gegenmaßnahmen und die Rolle des Journalismus. Diese Videos werden wir bis zur Bundestagswahl 2025 auf unseren Social-Media-Kanälen teilen.
Katrin Eigendorf #StopptFakeNews
Jo Schück #StopptFakeNews
Pia Lamberty #StopptFakeNews
Dr. Wolfgang Ressmann #StopptFakeNews
Bettina Schausten #StopptFakeNews
Christian Limpert #StopptFakeNews
Kseniya Halubowich #StopptFakeNews
Frank Überall #StopptFakeNews
Sabine Adler #StopptFakeNews
Benjamin Piel #StopptFakeNews
Susanne Stephan #StopptFakeNews
Olaf Zimmermann #StopptFakeNews
Elena Kountidou #stopptfakenews
Ingrid Brodnig #StopptFakeNews
Begriffsklärung
Was bedeutet Desinformation und was ist der Unterschied zu Fake News oder einer Fehlinformation?
Desinformation
Desinformation nennt man eine bewusst falsche Information, die gezielt verbreitet wird, um die Empfängerinnen und Empfänger zu täuschen. Wesentliches Kriterium einer Desinformation ist also die gezielte Täuschungsabsicht hinter einer unwahren Information.
Desinformation wird in verschiedenen Formaten verbreitet, das heißt nicht nur die Information im Text kann unwahr sein, sondern auch die Information, die ein manipuliertes oder KI-erzeugtes Foto oder Video vermittelt. Auch absichtlich aus dem Kontext gerissene Zitate und mutwillig gefälschte Statistiken gelten als Desinformation.
Strategisch geplante Desinformationskampagnen verfolgen zumeist politische oder wirtschaftliche Interessen. Sie können gefährlich werden, da sie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Informationen staatlicher Institutionen und renommierter Medien zerstören, um demokratische Gesellschaften zu destabilisieren.
Fake News
Der Begriff „FakeNews“ wird oft dem Begriff „Desinformation“ gleichgesetzt.
Allerdings missbrauchen seit dem Wahlkampf des US-Präsidenten Donald Trump im Jahr 2016 insbesondere Rechtspopulistinnen und -populisten den Begriff FakeNews, um legitime kritische Berichterstattung zu diffamieren.
Abgrenzung: Fehlinformation
Im Gegensatz zu „Desinformation“ wird der Begriff „Fehlinformation“ verwendet für Informationen, die versehentlich fehlerhaft sind, zum Beispiel aufgrund einer fehlerhaften Recherche bzw. fehlender zusätzlicher Informationen. Fehler passieren allen Menschen, auch Journalistinnen und Journalisten.
Der zentrale Unterschied zur Desinformation liegt darin, dass der Verbreiter einer Fehlinformation nicht die Absicht hatte, die Empfängerinnen und Empfänger gezielt zu täuschen.
Material zum Download
#StopptFakeNews Info-Flyer und Social-Media Banner
Ihr möchtet unseren Social-Media-Banner und unseren Flyer mit Tipps zum Entlarven von Desinformation nutzen?Sehr gerne! Ladet euch hier unser Material herunter:
Interview mit Andre Wolf von Mimikama
Die Bundestagswahl wirft ihre Schatten voraus. Die gezielten Desinformationen häufen sich. Umso mehr brauchen wir verlässliche Wegweiser durch den digitalen Informationswust.
Der österreichische Verein Mimikama hat sich seit 2011 genau dieser Aufgabe verschrieben: Mit aufwändiger Recherche und verständlichen Erklärungen hilft das Team um Andre Wolf täglich dabei, zwischen Fakt und falschen Informationen zu unterscheiden.
Zum Interview: Wie man Desinformation entlarvt
Welche Schritte gehören eigentlich zu einem Faktencheck?
Andre Wolf: Der erste Schritt ist immer, dass wir die Suchmaschinen bemühen, um so viele Informationen wie möglich zu bekommen. Wir schauen, worum es geht, wer vielleicht noch darüber geschrieben hat und wie darüber geschrieben wurde. Das nennen wir synoptisches Arbeiten. Wir legen die Informationen nebeneinander und analysieren, wer gleichartige Informationen und wer Sondergut hat. Wenn jemand Sondergut hat, warum hat er es? Gibt es weiterführende Quellen oder ist es nur eine Form des Framings oder starker Interpretation? Wir suchen die Quelle oder die Person, von der die Information stammt und fragen dann die Informationen nach, die uns fehlen.
Und bei Bildern?
Andre Wolf: Bei Bildern ist es die klassische Bildersuche mit verschiedenen Suchmaschinen. Da gibt es dann verschiedene Tools, ich kann aber natürlich auch jede Webseite einzeln öffnen und die Bilder durch die Bildersuche jagen. Fakt ist: Ich muss die Bilder verifizieren. Stammen sie wirklich aus dem Kontext, der angegeben ist? Wenn es zum Beispiel eine ältere Version eines Bildes gibt, können die jüngeren nicht richtig sein. Idealerweise finde ich heraus, wer das Bild gemacht hat und kann mit der Person sprechen. Manchmal finde ich auch ohne große Recherche schon Manipulationen auf dem Bild. Grundsätzlich ist es immer wichtig, in der Lage zu sein, Bilder zu vergleichen.
Ihr seid auch Spezialisten für Geoguessing. Was ist das genau und wie nutzt ihr es?
Andre Wolf: Geoguessing ist die Kunst, anhand der Details von Fotos oder Bildmaterial, diese verorten zu können auf einer Karte. Und genau sagen zu können: Hier hat die Person gestanden, in die Richtung hat sie geschaut. Es hilft enorm, Bilder bei Google Maps zu lokalisieren, denn die sind grundsätzlich vertrauenswürdig und sind mit Jahresdaten versehen. Ich kann die Bilder also historisch einordnen und schauen, wie es da aussah, was sich verändert hat und so weiter. Über Kartendienste kann ich immer verifizieren, ob das Bild tatsächlich in der Stadt, in der Straße aufgenommen worden ist oder nicht. Geoguessing kann Spaß machen, wenn es nicht mit Krieg und Anschlägen zu tun hat.
Ist das Faktenchecken anders geworden, seit es KI-Modelle wie ChatGPT gibt?
Andre Wolf: Wir haben nicht festgestellt, dass es mehr Fälschungen gibt als vorher. Die wenigen, die auftauchen, nehmen wir dankend an und zeigen, wie schön man sie entlarven kann. Wenn KI-Manipulation auftaucht, dann wird sie meist zum Visualisieren von nicht vorhandenen Zuständen genutzt. Es gibt immer noch Kanäle von Politikern, die bestimmte, nicht vorhandene Zustände durch Memes visualisieren. Wir können natürlich erkennen, dass sie KI generiert sind. Darum geht es aber nicht. Es geht darum, dass sich diese Bilder in den Köpfen der Menschen manifestieren. Wie der rosa Elefant, an den man nicht denken soll. Die Macht der Bilder ist groß.
An dieser Stelle geht es ja auch um Medienkompetenz. Ihr habt eine Sparte „Mimikama Education“.
Andre Wolf: Ja, wir haben verschiedene Module, mit denen wir unter anderem in Schulen gehen, aber zum Beispiel auch in Unternehmen oder Behörden. Wir geben Workshops, halten Vorträge und bieten verschiedene Arrangements für die unterschiedlichen Zielgruppen an. Uns ist es wichtig, durch die Angebote dazu beizutragen, das Bewusstsein für die Gefahren von Desinformation zu schärfen und die Fähigkeiten zur kritischen Bewertung von Informationen zu stärken. Und zwar ohne erhobenen Zeigefinger. Wir sehen es eher als eine Art Edutainment.
Welche drei generellen Tipps hast du, wenn es um die Berichterstattung über im Netz auftauchende Meldungen geht?
Andre Wolf:
Unaufgeregt an eine Meldung herangehen und ein bisschen entschleunigen, sich nicht gleich hinreißen lassen, etwas zu teilen oder zu verbreiten Erstmal gegenchecken, wer noch darüber geschrieben hat. Ich muss mir diese fünf Minuten Zeit nehmen. Das ist elementar. Und dann: Unaufgeregt berichten. Wir wollen natürlich dramatisch berichterstatten und so, dass alle mitlesen. Aber die Dramaturgie kann natürlich auch verfälschen, wenn sie maßlos übertreibt.
Zum Thema Bundestagswahl gibt es einen Live-Ticker auf der Mimikama-Seite.
Das Interview führte Ute Korinth.