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Foto: privat

Rundfunkfinanzierung

DJV-Position zum Entwurf des Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrags

Die Landesparlamente beraten derzeit über den Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrag, der die KEF-Beitragsempfehlung unter bestimmten Bedingungen per Verordnung umsetzen soll – ohne Einbindung der Landesregierungen und Landtage. Der Reformbedarf ergibt sich aus politischen Blockaden, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wiederholt zwingen, sich mit dem Festsetzungsverfahren zu befassen und Blockaden einzelner Länder durch Beschluss zu ersetzen. Die Klageverfahren verzögern nicht nur die Beitragserhöhung, sondern schaden auch dem Ansehen des öffentlichen Rundfunks. Ein vereinfachtes und entpolitisiertes Finanzierungsverfahren ist daher dringend notwendig. Der Entwurf des Rundfunk-finanzierungsänderungsstaatsvertrags soll einen Ausweg bieten. Doch die konkrete Ausgestaltung ist weder geeignet, das skizzierte Problem zu lösen, noch ist der Entwurf verfassungskonform.

Der Entwurf setzt den Beitrag bei 18,36 Euro fest und ignoriert die von der KEF empfohlene Erhöhung um 0,58 Euro ab 2025. Die KEF-Empfehlung wird ohne erkennbare Begründung für zwei Jahre ausgesetzt – ein klarer Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der bedarfsgerechten Finanzierung zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Rundfunkfreiheit. Laut BVerfG dürfen die Länder nur mit nachvollziehbarer Begründung von der KEF-Empfehlung abweichen, die der Rundfunk-freiheit standhält. Zudem hat das BVerfG klargestellt, dass jedes Land im föderalen Verantwortungssystem die Pflicht hat, die KEF-Empfehlung umzusetzen. Die Festlegung der alten Beitragshöhe widerspricht dieser Rechtsprechung.

Das Herzstück der Reform ist ein automatisiertes Festsetzungsverfahren, das dem bisherigen Verfahren vorgeschaltet wird. Die KEF-Empfehlung gilt als automatisch festgesetzt, wenn die Erhöhung nicht mehr als zwei Prozent beträgt und maximal zwei Länder widersprechen oder die Erhöhung unter 3,5 Prozent liegt und maximal ein Land widerspricht. Bei einer Erhöhung von über 3,5 bis 5 Prozent reicht der Widerspruch eines Landes, um in das alte Verfahren zurückzukehren, in dem die Landesregierungen und die Landes-parlamente über die Beitragsfestsetzung entscheiden. Die Absenkung des Vetopotenzials durch ein vorgeschaltetes Verfahren ist grundsätzlich begrüßenswert, da es die rechtzeitige Gebührenanpassung fördert. Ein einzelnes Bundesland könnte nicht mehr ohne Weiteres das gesamte Verfahren stoppen und eine erneute Klage vor dem BVerfG erforderlich machen, die wiederum zu einer erheblichen Zeitverzögerung der Gebührenanpassung und einem schleichenden Reputationsschaden führt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG wäre ein neues Verfahren aber nur dann mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar, wenn es programmneutral ist. Das ist bei dem vorliegenden Entwurf nicht der Fall. Das Vetopotenzial eines einzelnen Landes wird nämlich nur dann eingeschränkt, wenn die Beitragserhöhung um mindestens 40 Prozent niedriger ausfällt als der Durchschnittsbeitrag, der in den letzten acht Beitragsperioden bei 5,8 Prozent lag. Vergleicht man den Wert mit der durchschnittlichen Inflationsrate für eine vierjährige Beitragsperiode, die 7,44 Prozent beträgt, wird deutlich, dass die festgesetzten Beiträge zwangsläufig zu einem dauerhaften Abbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führen. Das Verfahren mag die rechtzeitige Gebührenanpassung fördern, allerdings nur unter der Prämisse, dass sie nicht mehr bedarfsgerecht ist. Die KEF hätte also die Wahl zwischen zwei Übeln: Entweder sie orientiert sich nicht mehr am tatsächlichen Finanzbedarf, sondern an einem willkürlich festgelegten Deckel, der langfristig eine finanzielle Aushöhlung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Folge hat, oder sie mutet ARD, ZDF und Deutschlandradio ein langes Klageverfahren zu, das die Beitragserhöhung verzögert und dem Ansehen des öffentlichen Rundfunks schadet.  

Ein weiteres gravierendes Problem ist, dass der Entwurf keine materiellen Widerspruchsgründe vorsieht. Dadurch könnte ein Land aus programmlichen oder anderen sachfremden Gründen Widerspruch einlegen – ein klarer Verstoß gegen die Rechtsprechung des BVerfG, wonach Finanzierungsentscheidungen programmneutral und nicht politisch motiviert sein müssen.  

Trotz des begrüßenswerten Reformziels weist der Entwurf in seiner derzeitigen Form erhebliche Schwächen auf, da die Missachtung der aktuellen KEF-Empfehlung, die faktische Deckelung des Rundfunkbeitrags und das Fehlen sachgerechter Widerspruchsgründe ihn in mehrfacher Hinsicht höchst bedenklich erscheinen lassen. 

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