Journalisten, vereinigt euch!
Der wahre Gegner sitzt im Silicon Valley
Einigungen sind meist erfreulich, besonders zwischen erbitterten Rivalen wie dem öffentlichen Rundfunk und den privaten Medienhäusern. Doch die Einigung zwischen der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und dem Verlegerverband Schweizer Medien (VSM) wirft Fragen auf. Denn es gibt einen Verlierer, der nicht mit am Verhandlungstisch saß: das Publikum.
Die SRG hat sich darauf eingelassen, ihre journalistischen Online-Aktivitäten zugunsten der privaten Verleger einzuschränken. Texte sollen auf maximal 2.400 Zeichen begrenzt werden. Doch qualitativ hochwertiger Journalismus lässt sich nicht in wenige Zeilen pressen. Nutzerinnen und Nutzer werden künftig also weniger fundierte Berichte, Dossiers und Hintergrundseiten im Netz finden. In Zeiten von Desinformation, Hass, Hetze und dem Aufstieg der Rechtspopulisten ist das fatal.
Medien müssen dort sein, wo Menschen Inhalte konsumieren – im digitalen Zeitalter ist das das Netz. Es besteht aus Bildern, Tönen und Texten. Eine künstliche Beschränkung der Online-Präsenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schwächt seine Reichweite und seinen Auftrag, unabhängig von Marktmechanismen hochwertigen Journalismus zu bieten. Das ist angesichts sinkender Zeitungsauflagen dramatisch.
Das eigentliche Problem der Verleger bleibt indes ungelöst: Nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk bedroht die privaten Medienhäuser, sondern die Monopolstellung der Big Tech-Konzerne, welche die Kontrolle über Verbreitung und Monetarisierung von Informationen übernommen haben. Digitale Plattformen schöpfen Werbeeinnahmen ab und zwingen Medienhäuser in die Abhängigkeit ihrer Algorithmen.
Die Medienwelt braucht weniger interne Konkurrenzkämpfe und mehr gemeinsames Engagement – für einen Journalismus, der sich nicht den Interessen monopolistischer Plattformen unterordnet, sondern dem Gemeinwohl dient und unabhängig informiert.
Ein Kommentar von Hanna Möllers
