ZDF-Warnstreik
Frühaufsteher
Der Warnstreik beim ZDF am Dienstag war ein voller Erfolg - mit ein paar Begleiterscheinungen.
Wann die Führungskräfte des Zweiten Deutschen Fernsehens normalerweise morgens das Bett verlassen, ist nicht bekannt. Wann für sie am Dienstagmorgen die Nacht zu Ende war, hingegen schon: ziemlich genau um 3 Uhr. Zu dem Zeitpunkt ging bei dem Mainzer Sender nichts mehr. Und das setzt eine Routine für den Katastrophenfall in Gang. Intendant und Direktoren werden in solchen Fällen sofort benachrichtigt. Die Führungskräfte dürfen schließlich nicht als Letzte davon erfahren, wenn ihr Sender nicht mehr sendet.
Nur war es gestern keine Katastrophe, sondern ein Warnstreik, zu dem der DJV und andere Gewerkschaften die Beschäftigten aufgerufen hatten. Einschneidendste Auswirkungen: Das gemeinsame Morgenmagazin von ARD und ZDF, das in dieser Woche von den Mainzern produziert wird, musste ausfallen. Davon erfuhren nicht nur die Fernsehzuschauer, sondern auch die Stammgäste in Twitter, denn Moderatorin Dunja Hayali wies per Tweet auf den Warnstreik hin. Und auch die Nachrichtensendung "heute Xpress" ging nicht auf Sendung.
Eigens für die ZDF-Sendung "Volle Kanne" hatte sich "Puhdys"-Urgestein Dieter "Maschine" Birr in Berlin in den Flieger nach Düsseldorf gesetzt, weil er als Stargast eingeladen war. Moderatorin Andrea Ballschuh nahm ihn frisch geschminkt für die Sendung im Düsseldorfer ZDF-Landesstudio in Empfang. Doch mit der guten Laune war es schnell vorbei: Streikbedingt musste "Volle Kanne" ins Wasser fallen und Birr unverrichteter Dinge vom Rhein an die Spree zurückfliegen. Immerhin brachten die beiden noch ein Selfie zustande.
Noch skurriler war das, was ein Kommentator des Portals t-online.de über den Warnstreik aufschrieb. Unter der Überschrift "Was für eine Blamage!" kritisierte er wortstark, dass sich die ZDF-Chefetage von dem Arbeitskampf habe überrumpeln lassen: "Das ist ein Armutszeugnis." Und weiter: "Dieser Programmausfall zeigt, wie schlecht die Öffentlich-Rechtlichen vorbereitet sind, um im Störfall ihrem Auftrag nachzukommen." Aha, das Grundrecht des Streiks ein Störfall? Nein, lieber Kollege, wenn Journalisten für eine faire Bezahlung kämpfen, ist das etwas anderes, als wenn beim ZDF der Strom ausfällt.
Ob die Tarifverhandler des ZDF aus dem Warnstreik lernen, wird sich am 21. Dezember zeigen. Dann ist die vierte Verhandlungsrunde mit den Gewerkschaften angesetzt. Wünschen wir Norbert Himmler und seiner Crew an der Spitze, dass es künftig keinen Anlass mehr für nächtliche Weckrufe gibt. Sie haben es in der Hand.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner