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Anspruch auf Nachvergütung und Fahrtkosten aus Vergütungsregeln für Journalisten - DJV NRW siegt vor Gericht

24.07.2013

Freie Journalisten an Zeitungen schlecht zu bezahlen, geht nicht, hat das Landgericht Köln jetzt entschieden.


Die Vergütungsregeln an Tageszeitungen sind eine Grundlage für hohe Zahlungsansprüche von freien Journalisten, hat jetzt das Landgericht Köln erstinstanzlich entschieden. Er verurteilte den Bonner Generalanzeiger in einem Fall zur Nachzahlung von rund 38.000 Euro, in einem anderen Fall von rund 10.000 Euro. Darüber hinaus muss der Verlag auf Grundlage der Vergütungsregeln 30 Cent pro Kilometer Fahrtkostenerstattung zahlen und Auskunft über Nutzungen von Beiträgen durch die Beitragsdatenbank GENIOS geben.

Die Klage war von freien Journalisten erhoben worden, die vom Verlag als Honorar nur 21 Cent und 20,45 Euro pro Bild erhielten. Im zweiten Fall waren es 25 Cent pro Zeile. Die Kläger beriefen sich auf die Gemeinsamen Vergütungsregeln, die - für Texte - seit dem 1. Februar 2010 gelten (für Bildhonorare gibt es Regelungen erst seit dem 1. Mai 2013).

Bei der Anwendung der Vergütungsregeln muss laut Landgericht Köln geprüft werden, ob sich die Vertragsparteien bei Lieferung über die Frage der eingeräumten Rechte verständigt haben. Wenn eine solche - den Vergütungsregeln entsprechende - Vereinbarung nicht vorliegt, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verlag ausschließliche Rechte an den Beiträgen erwirbt. Daher sind von den Sätzen der Vergütungsregeln Abschläge vorzunehmen.

In einer der beiden Klagen ging es dabei um Beiträge, die in den Jahren 2008 und 2009 geliefert worden waren, also vor In-Kraft-Treten der Vergütungsregeln. Das Gericht nahm hier als Anspruchsgrundlage den bereits seit 1. Juli 2002 geltenden gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung, sah allerdings zugleich eine „indizielle Wirkung“ der Werte der Vergütungsregeln von 2010 und berücksichtigte auch, dass die Werte des Tarifvertrags für arbeitnehmerähnliche Personen an Tageszeitungen noch höher ausfielen. „Was heute zwischen Parteien gilt, wird unter diesen Umständen auch schon gestern Bedeutung gehabt haben“, so könnte die Argumentation des Gerichts zusammengefasst werden.

Da sich die Parteien aber 2008 und 2009 nicht über den Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte verständigt hatten, insbesondere eine - auf den Tag und das Verbreitungsgebiet beschränkte Exklusivität nicht eingeräumt war - wurde vom Gericht unter Berücksichtigung des praktischen Umgangs mit den Nutzungsrechten ein „Abschlag“ von 15 Prozent vom Wert der Vergütungsregeln angenommen. Im konkreten Fall waren das statt der 66 Cent nach Vergütungsregeln immerhin noch 56 Cent pro Zeile.

Soweit es um Bildhonorare ging, zog das Gericht die Werte des Tarifvertrags 12 a heran und nahm auch hier einen Abschlag wegen der fehlenden Einräumung ausschließlicher Rechte vor. Da die Ausschließlichkeit bei einem Foto schwerer wiege als bei einem Text, weil das Foto „nicht wiederholbar sein“, fiel der Abschlag mit 25 Prozent höher aus. Bei einem Tarifvertragshonorar von 64 Euro für das Bild machte das dann 48 Euro (Nachzahlungs-)Honoraranspruch.

Im  zweiten Fall, in dem es um Honoraransprüche nach In-Kraft-Treten der Vergütungsregeln ging, wurde der Abschlag ebenfalls vorgenommen, weil auch hier die Frage der eingeräumten Rechte nicht vereinbart wurde.

Weiterhin hatten sich die Parteien nie über Fahrtkosten verständigt. Nach den Vergütungsregeln besteht allerdings neben dem Anspruch auf Honorar auch ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen. Weil es keine Richtlinien im Verlag über die Erstattung der Kosten gab, nahm das Gericht die steuerlich anerkannte Kilometerpauschale von 30 Cent zur Berechnungsgrundlage für den Aufwendungsersatz.

Der Anspruch auf Auskunft über Nutzungen durch die Firma GENIOS gründet sich auf den § 242 BGB („Treu und Glauben“) in Verbindung mit Regelungen der Vergütungsregeln, nach denen freie Journalisten einen Beteiligungsanspruch gegenüber Verlagen haben, wenn diese Erlöse durch die Vermarktung von Beiträgen in solchen Textarchiven haben.

Die Argumentation des Bonner Generalanzeigers, gelieferte Beiträge seien nur in Teilausgaben erschienen und daher für die Berechnung des Zeilensatzes wegen geringerer Auflage auch geringere Honorarsätze zu zahlen, wies das Gericht zurück, weil die Zeitung hierzu keine Belege vorlegte. Solange das Erscheinen in Teilauflagen nicht nachgewiesen werde, sei von der Gesamtauflage des Blattes auszugehen, so das Gericht.

Das Gericht wies ebenfalls den Versuch des Verlags zurück, die Hauptberuflichkeit des Journalisten in Frage zu stellen. Nach den Bestimmungen der Vergütungsregeln seien die Anforderungen zum Nachweis einfach gestaltet, so genüge die Vorlage des Presseausweises. Ausführungen, dass dieser zu Unrecht ausgegeben worden sein könnte, wies das Gericht zurück. Es komme auch nicht darauf an, ob der freie Journalist nur bei Tageszeitungen oder auch bei anderen Medien beschäftigt sei.

Gegen das Urteil ist die Berufung möglich (Aktenzeichen 28 O 1129/11, 28 O 695/11).

Im Ergebnis heißt das Urteil: Wer Zeitungen Beiträge liefert, ohne mit eigenen Geschäftsbedingungen für die eingeräumten Nutzungsrechte zu arbeiten oder ohne diese wirksam zu vereinbaren, kann sich auf die Vergütungsregeln berufen, allerdings nur mit Abschlag. Darüber hinaus können Fahrtkosten auch rückwirkend geltend gemacht werden und der Verlag kann sich Ausflüchte, was Nachweise für die Hauptberuflichkeit angeht, sparen.

Siehe auch den Bericht beim DJV-Landesverband Nordrhein-Westfalen, mit dessen Unterstützung die freien Journalisten geklagt hatten.


Michael Hirschler, hir@djv.de


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