Pflegefallabsicherung
Das Problem
Nicht nur alte Menschen sind auf Hilfe angewiesen, auch junge Leute werden nach einem Unfall, einer schweren Krankheit oder als Opfer eines Verbrechens pflegebedürftig. Mittlerweile sind über 2,6 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Schätzungen sprechen von etwa 4 Millionen Pflegefällen bis 2030.
Der gesetzliche Pflegeversicherungsschutz
Seit 1995 gibt es die gesetzliche Pflegeversicherung. Die Versicherung ist Pflicht für alle gesetzlich und privat Krankenversicherten. Es gilt der Grundsatz „Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung“. Wer einer gesetzlichen Krankenversicherung angehört, wird Mitglied der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung. Wer durch Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert wird, kann innerhalb von drei Monaten in die private Pflegepflichtversicherung wechseln, ohne seinen gesetzlichen Krankenversicherungsschutz aufzugeben. Zeitsoldaten sind Pflichtmitglieder in der sozialen Pflegeversicherung. Die private Pflegepflichtversicherung ist für die Mitglieder der privaten Krankenversicherung zuständig. Privatversicherte Beamte müssen nur die durch die Beihilfe nicht gedeckten Pflegekosten versichern. Zum 01.01.2017 tritt die Reform der Pflegepflichtversicherung in Kraft. Viele Pflegebürftige werden durch die Reform besser gestellt. Die Vorschriften zur Pflegepflichtversicherung findet man im XI. Sozialgesetzbuch (SGB XI)
Beiträge
Der Beitrag in der Pflegepflichtversicherung beträgt 2,35 % des monatlichen Bruttoeinkommens, allerdings maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung. Diesen Beitrag zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. Kinderlose zwischen 23 und 64 Jahren zahlen einen zusätzlichen Beitrag von 0,25 %-Punkte.
Leistungen
Der Versicherer leistet Ersatz von Aufwendungen für die Pflege, und zwar für häusliche Pflege (§§ 36 – 40 SGB XI), teilstationäre Pflege und Kurzzeitpflege (§§ 41 – 42 SGB XI) sowie vollstationäre Pflege (§§ 43 – 43 a SGB XI).
Wer stellt die Pflegebedürftigkeit fest?
Bevor die Pflegekasse Pflegeleistungen erbringt, muss der Versicherte einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen. Der Antrag ist an die Krankenkasse zu richten, bei der der Versicherte krankenversichert ist. Durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen wird festgestellt, ob und in welcher Höhe Pflegeleistungen gezahlt werden. Die Pflegekasse stellt durch Bescheid die Pflegebedürftigkeit fest, dabei erfolgt die Einordnung in eine der drei Pflegestufen. Bei privat Pflegepflichtversicherten prüft das Unternehmen Medicproof den Grad der Pflegebedürftigkeit. Die Einstufung ist abhängig von der Zeit, die durchschnittlich für tägliche Pflege aufgewendet werden muss.
Die Pflegegrade (bis 2017 Pflegestufen)
Untersucht wird ab 2017, wie selbstständig ein Mensch noch ist. Es kommt daher nicht mehr darauf an, wieviel Hilfe er in Minuten am Tag benötigt. Die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit erfolgt nach 64 Kriterien, die sich in sechs Lebensbereiche aufgliedern:
- Mobilität
- kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Das Modul „Selbstversorgung“ fällt dabei mit 40 % am stärksten ins Gewicht.
Daraus ergibt sich dann die Einstufung in eines von fünf Pflegegraden:
Pflegegrad 1: ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkte - geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 2: ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkte - erhebliche Beeinträchtigunge der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 3: ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte - schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 4: ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkte - schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 5: ab 90 bis 100 Gesamtpunkte - schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Umrechnung der alten Pflegestufen (bis 2017) in Pflegegrade
- Pflegestufe 0 wird zu Pflegegrad 1
- Pflegestufe 1 wird zu Pflegegrad 2
- Pflegestufe 1 plus eingeschränkte Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 3
- Pflegestufe 2 wird zu Pflegegrad 3
- Pflegestufe 2 plus eingeschränkte Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 4
- Pflegestufe 3 wird zu Pflegegrad 4
- Pflegestufe 3 plus eingeschränkte Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 5
- Pflegestufe 3 plus Härtefall wird zu Pflegegrad 5
Aus diesem System wird deutlich, dass eine eingeschränkte Alltagskompetenz zu einem höheren Pflegegrad führt, als wenn nur auf die rein körperlichen Beeinträchtigung geschaut würde.
Leistungen in den Pflegestufen
Bei einer Pflege im Heim oder durch einen professionellen Pflegedienst zahlt die Pflegeversicherung direkt an das Heim oder den Pflegedienst. Wird der Pflegebedürftige zu Hause von Angehörigen betreut, zahlt die Pflegekasse dem Pflegebedürftigen ein Pflegegeld. Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil der Kosten. Den verbleibenden Rest müssen die Pflegebedürftigen aus eigener Tasche bezahlen. Reicht die Rente nicht und ist das Vermögen aufgebraucht, muss das Sozialamt zahlen. Allerdings müssen der Ehepartner und die Kinder als Unterhaltspflichtige unter Unständen damit rechnen, vom Sozialamt in Anspruch genommen zu werden.
Pflegekosten
Ökotest, Ratgeber Rente, Geld, Versicherungen (Nr. 5 / 2006) und FINANZtest (Heft 4 / 2006) haben vor längerer Zeit Untersuchungen zur Pflegeversicherung durchgeführt. Deutlich wurde, dass der Ersatz der Aufwendungen für die Pflege durch die Pflegepflichtversicherung nicht ausreicht, um die Gesamtkosten zu decken. Ergänzender privater Versicherungsschutz ist zu prüfen.
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Pflegegrad | Ersatz der Aufwendungen für Pflege durch die gesetzliche Pflegepflichtversicherung | Geschätzte Kosten ÖKOTEST | Geschätzte Kosten FINANZtest 1) |
---|---|---|---|
Vollstationäre Pflege im Heim | |||
2 | 770 € | 1.967 € | 1.600 € |
3 | 1.262 € | 2.365 € | 2.150 € |
4 | 1.775 € | 2.821 € | 2.690 € |
Professionelle Pflege zu Hause | |||
2 | 689 € | 840 € | 810 € |
3 | 1.298 € | 1.840 € | 1.950 € |
4 | 1.612 € | 3.070 € | 3.360 € |
Pflege durch Angehörige | |||
2 | 316 € | ||
3 | 545 € | keine Angaben möglich | |
4 | 728 € |
1) Kosten der Unterbringung wurden nicht berücksichtigt!
Die privaten Absicherungsmöglichkeiten
Ob privater Schutz zusätzlich benötigt wird, hängt davon ab, ob die
- Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung
- + zusammen mit anderen Einnahmen –beispielsweise gesetzliche und/oder private Alters-,
Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungsrenten und - + sonstigen Einnahmen ausreichen,
- = die entstehenden Kosten zu tragen?
Überlegen Sie, ob im Pflegefall andere Mittel zur Verfügung stehen. Ein schuldenfreies Haus könnte beispielsweise vermietet werden. Die zusätzlichen Einnahmen würden helfen, Kosten der stationären Unterbringung mit zu decken. Reichen private Einkünfte und Pflegeleistungen nicht, den Bedarf zu decken, springt das Sozialamt ein. Dem Pflegbedürftigen selbst bleibt dann nur noch ein Taschengeld von ca. 80 € im Monat. Das private Vermögen muss aufgebraucht werden. Sofern keines mehr vorhanden ist, wird bei den Angehörigen Regress genommen.
Hilfreich ist es, bei den in Frage kommenden Pflegeheimen anzufragen, wie hoch die Kosten in den einzelnen Pflegestufen derzeit ausfallen. Eine gute Hilfestellung bietet dabei bietet der AOK-Pflegeheimnavigator.
Auf dem Internetportal „Wer pflegt wie“ bekommen alle, die mit der Pflege zu tun haben (Pflegebedürftige, deren Angehörige, Mitarbeiter) die Möglichkeit ihre Erfahrungen mit einem Pflegeanbieter zu schildern. Dieses Portal schafft daher mehr Transparenz in der Pflege und hilft den Menschen auf der Suche nach dem richtigen Pflegeanbieter. Ziel des Portals ist es, allen Akteuren, also auch den Anbietern, in der Pflege eine Stimme zu geben.
Angeboten werden
Leistungsunterschiede beachten
Zu prüfen sind die Leistungen der Versicherer jeweils in den Pflegestufen 0 bis 3 bei ambulanter und stationärer Pflege. Aus unserer Sicht ist die Pflegetagegeldversicherung die empfehlenswerte Form der Absicherung.
Eine gute Police sollte bestimmte Mindeststandards erfüllen, damit Ihnen wesentliche Fallstricke erspart bleiben. Die von uns im Arbeitskreis Beratungsprozesse mit entwickelten Mindeststandards in der Pflegetagegeldversicherung lauten:
- Die vom Versicherer verwendeten allgemeinen Versicherungsbedingungen dürfen in keinem einzigen Punkt Regelungen enthalten, die aus Verbrauchersicht ungünstiger sind als die vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) „empfohlenen“ Musterbedingungen 2009 für die ergänzende Pflegekrankenversicherung (MB/EPV 2009). Sofern derzeit noch Abweichungen vorhanden sind, garantiert der Versicherer, dass Schäden mindestens nach den vom PKV-Verband empfohlenen Bedingungen reguliert werden. Im Falle von Abweichungen wird der Versicherer seine Vertragsbedingungen innerhalb eines Jahres mindestens auf den Deckungsumfang des Verbandsmodells umstellen. Abweichungen, die den Versicherungsumfang unberührt lassen, sind zulässig.
- Der Versicherer verzichtet auf das ordentliche Kündigungsrecht in den ersten 3 Jahren.
- Keine Leistungsbeschränkungen auf Unfälle oder bestimmte Erkrankungen und keine Ausschnitts-Deckung auf bestimmte Erkrankungen.
- Beitragsdynamik: Der Versicherungsschutz kann vor Eintritt des Leistungsfalles ohne Gesundheitsprüfung und ohne erneute Wartezeiten mindestens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres angepasst werden.[1]
- Leistungsdynamik: Der Versicherungsschutz wird vom Versicherer nach Eintritt des Leistungsfalles mindestens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres angepasst. [2]
- Bei Unfällen entfallen Wartezeiten / Karenzzeiten.
- Kein Ausschluss für Suchterkrankungen.
- Gleiche Leistung bei Pflege durch Angehörige bei der Pflegetagegeldversicherung.
- Kein Ausschluss bei einem Krankenhaus- / Kur- / Sanatoriumsaufenthalt bzw. Rehabilitationsmaßnahme binnen der ersten 4 Wochen.
- Einstufung des medizinischen Dienstes ist für das Versicherungsunternehmen bindend.
[1] Eine durchgängige Dynamik ist nicht empfehlenswert. Kalkulationen der Versicherer zeigen, dass für einen 85-jährigen 10 € Tagegeld in Pflegestufe 3 (in Stufen 1+2 ggf. entsprechend abgestuft) rund 200 € Monatsbeitrag kosten würde. Es empfiehlt sich daher gleich am Beginn eine hohe Absicherung vorzunehmen.
[2] Auch Versicherungsunternehmen müssen mit den hohen Kosten für eine Anpassung nach dem 65. Lebensjahr rechnen. Daher gibt es kaum Anbieter, die eine Leistungsdynamik vorsehen und wenn, dann wird sie meist nur bis maximal zum 70. Geburtstag durchgeführt. Ein Grund mehr, gleich von Beginn an mit einer höheren Absicherung zu starten, umso dem Inflationsrisiko entgegen zu wirken.
Ob weitere Details in Ihrem Fall abzusichern sind, fragen wir in unserer Angebotsanforderung zur Pflegetagegeldversicherung gesondert ab. Die Mindeststandards berücksichtigen wir bei unseren Analysen automatisch.