Bildjournalisten
Sportfotografie ohne Geschäftsgrundlage?
Etwas Theorie: Ein Geschäft braucht eine Grundlage, sagen die Ökonomen und verweisen schon in der Grundvorlesung in der Universität darauf, dass die Knappheit eines Gutes seine Wertgrundlage darstellt.
Wenn ein Foto also in allen Bilddatenbanken der Welt zu bekommen ist, kann von einer Knappheit keine Rede sein, Folge: der Bildpreis verfällt, das Bild ist ökonomisch nichts mehr wert, oder etwas ausführlicher gesagt gesagt, der Preis, der dafür zu erzielen ist, fällt unter den normalerweise unter Marktbedingungen üblichen Verkaufspreis, ja sogar unter den Produktionspreis, die Herstellung des Fotos wird zum Minusgeschäft.
Denn es ist klar, dass Redaktionen, die sehen, dass das gleiche Bild für 10 oder 5 Euro, oder de facto kostenlos als Teil eines bereits gebuchten Datenbank-Abos zu bekommen ist, dieses Bild nicht direkt bei der Fotojournalistin oder dem Fotojournalisten für 50 Euro kaufen werden.
Etwas Praxis: für die Sportfotografie unter Corona-Bedingungen heißt das, die fotografisch im Fußballstadion tätige Person hat den ganzen Aufwand von Anreise und Investition von Arbeitskraft in Fotografie und digitale Fotobeschriftung, ohne aber selbst noch ausreichend Honorar für die Bilder erhalten zu können, die exakt mit dem gleichen Inhalt, also ohne jede Knappheit, von anderen verkauft werden können.
Hinzu kommt die unfaire Konkurrenz, die in einer solchen Situation nie lange auf sich warten lässt. Wo jeder die gleichen Bilder hat, kommen findige Personen auf die Idee, die Fotos so zu beschriften, dass sie bei einer Suche in einer Datenbank vor den anderen gleichen Fotos angezeigt werden. So wird das Bild mit irgendeiner Bezeichnung versehen, die mit "A" beginnt oder es wird das Datum der Aufnahme auf den nächsten Tag datiert, wodurch der Datenbank-Algorithmus in der Annahme, es handele sich um ein ganz neues Bild, der Redaktion das Foto im Zweifelsfall bei einer Recherche als erstes anzeigt.
Gegen solchen unfairen Wettbewerb mit dem eigenen Bild kann die Person, die das Foto selbst aufgenommen hat, aber wenig machen, denn sie musste die Bilder ja in den Pool abgeben, und nach den Poolbedingungen können die Poolnutzer die Bilder so vermarkten, wie es ihnen gefällt, solange sie die Fotos nur für die redaktionelle Berichterstattung anbieten. Die Redaktionen jedenfalls bemerken die erwähnten Manipulationen im Stress des Arbeitsalltags im Regelfalle nicht.
Was tun? Eine Möglichkeit lautet natürlich, die Knappheit wieder herzustellen. Indem die Zahl derjenigen, die auf den Pool zugreifen können, deutlich reduziert wird. Ein Weg, den einige Fußballvereine jetzt gewählt haben und Personen ausschließen, die allein in Bilddatenbanken ohne klare Abnehmer liefern wollen. Bei einer solchen Reduktion werden natürlich Juristinnen und Juristen wach und fragen danach, ob solche Eingriffe verboten sein könnten. Das wird allerdings im Privatrecht, das für Fußballvereine gilt, nur in Extremfällen zu verbieten sein, etwa wenn nur Fotografinnen und Fotografen mit deutscher Staatsangehörigkeit der Zugriff auf den Pool gestattet wäre.
Gibt es noch andere Wege? Natürlich ist das bislang Gesagte eine sehr vereinfachte Darstellung der Wirtschaft, die natürlich auf Arbeit beruht und nicht allein auf Knappheit. Was heißen soll: wenn mehr Fotojournalistinnen und Fotojournalisten die Möglichkeit haben zu arbeiten, können sie auch wieder unterschiedliche Fotos anbieten, hinter denen eigenständige Arbeit steht, nicht in den Pool müssen und dadurch einen Wert erhalten. Das Ziel muss daher natürlich lauten, wieder mehr Leute in den Stadien fotografisch arbeiten zu lassen. Bis dahin dürfte allerdings der Grundsatz gelten, dass in Märkten eine gewisse Knappheit auch mit im Einzelfall unerfreulichen Mitteln hergestellt werden muss, damit die Arbeit nicht zum Verlustgeschäft wird.
Michael Hirschler, hir@djv.de
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