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Aiwanger

Presserat pro Süddeutsche

06.12.2023

Der Presserat hat gesprochen: Die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung über Hubert Aiwanger und ein antisemitisches Flugblatt war nicht zu beanstanden. Richtig so, Berichterstattung muss auch mal wehtun dürfen.

Hubert Aiwanger: "Medienkampagne." Foto: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie

Der stellvertretende Ministerpräsident von Bayern Hubert Aiwanger fand nach den Veröffentlichungen über ihn und ein antisemitisches Flugblatt aus seiner Jugend sein Narrativ, das er bis zulezt durchhielt: Eine "Medienkampagne" sei das mit dem Ziel, ihn abzuschießen. Der Süddeutschen Zeitung, die als erste über das Pamphlet berichtet hatte, sei es nicht um fairen Journalismus gegangen. Die Zeitung habe vielmehr Politik machen wollen. Dass es dafür keine Anhaltspunkte gab, interessierte weder ihn noch seine Anhänger. Dass wir vom DJV und viele andere Medien die Süddeutsche in Schutz nahmen, auch nicht.
Jetzt hatte sich der Deutsche Presserat mit dem Thema zu beschäftigen. 18 Beschwerden lagen vor. Hatte die Süddeutsche gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen zu Lasten von Hubert Aiwanger? Nein, meinte der Presserat jetzt: "An dem veröffentlichten Verdacht, Aiwanger habe in seiner Jugend ein antisemitisches Flugblatt verfasst, bestand ein erhebliches öffentliches Interesse. Die Vorwürfe standen in eklatantem Widerspruch zu Aiwangers Ämtern als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Bayerns." Der Persönlichkeitsschutz habe vor dem öffentlichen Interesse zurücktreten müssen.
Diese Entscheidung dürfte ein Schlag ins Gesicht aller Prominenten sein, die laut "Privatsphäre" rufen, wenn kritische Berichterstattung droht. Und die gern bereits im Recherchestadium ihre Medienanwälte von der Leine lassen. Der Presserat hat den Rechercheuren den Rücken gestärkt - und das ist auch gut so.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner

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