Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Große Koalition

Abschiedsgeschenk Überwachungsstaat?

28.10.2021

Die abgewählte Bundesregierung hat sich in einem geheimen Positionspapier an die EU-Kommission für eine massive Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung stark gemacht. Würden die Pläne Wirklichkeit, wüsste der Staat alles.

Datenspeicherung: Was weiß der Staat? Foto: Jürgen Moers

Über dieses Papier hat der Spiegel jetzt geschrieben. Es ist entstanden, weil in Brüssel laut über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nachgedacht wird. Dass nationale Regierungen ihre jeweilige Position zu einem Thema für die EU-Kommission aufschreiben, ist nicht ungewöhnlich. Aber das, was in dem deutschen Papier steht, durchaus. Und die Geheimniskrämerei um das Schriftstück auch.
Die Verfasser beschränken sich nicht darauf, genau die Datenspeicherung für Europa zu fordern, die der Bundestag für Deutschland beschlossen hatte. Videotelefonate und -konferenzen sowie Messengerdienste sollen ebenfalls erfasst werden. Und auch die IP-Adressen der Computer, Tablets und Smartphones. Die Datenspeicherung sollte demnach ganz Europa und alle Personengruppen umfassen und nicht mehr auf Verdächtige und kleine geografische Räume, etwa die Umgebung eines Terroranschlags, begrenzt werden.
Was das Kabinett Merkel da zusammengeschrieben und ohne jegliche parlamentarische Entscheidung gen Brüssel geschickt hat, ist nichts geringeres als die Errichtung eines Überwachungsstaats, der ganz Europa umfassen soll. Aus welchem Grund und mit welcher Berechtigung?
Die SPD war Teil der Großen Koalition und hat das Papier insofern mitzuverantworten. Genau dieselbe SPD verhandelt derzeit mit FDP und Grünen über den Koalitionsvertrag, in dem es unter anderem um die Vorratsdatenspeicherung gehen soll. Wie passt das zusammen? Im Interesse von Journalisten und Informanten, aber auch aller Bürger ist zu hoffen, dass die künftige Koalition andere Entscheidungen zur Datensammelwut des Staates trifft.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner


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