Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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YouTube/Wikipedia

Misslungener PR-Coup

16.03.2018

Es hätte so schön werden können: Die gemeinnützige Wikipedia Corporation unterstützt den kommerziellen Video-Giganten YouTube durch Fakten gegen Verschwörungstheorien. Dumm nur, dass Wikipedia von dem Coup nichts weiß.

Wer sich auf YouTube ein Video zu der angeblich nicht stattgefundenen Mondlandung ansieht, sollte künftig mit dieser und anderen Verschwörungstheorien nicht mehr allein bleiben. YouTube-Chefin Susan Wojcicki kündigte vor einigen Tagen eine Zusammenarbeit mit Wikipedia an. Wer auf ein Video klickt, in dem es um Aluhüte oder ähnlichen Unsinn geht, solle künftig zusätzlich immer einen Link zu Wikipedia erhalten, wo es Fakten zu Verschwörungstheorien gibt. Eine feine Sache, soll man meinen. Gewissermaßen eine Triple-Win-Situation. Denn die Google-Tochter Youtube muss ihr Geschäftsmodell nicht ändern, kann also weiterhin den größten Blödsinn posten, den YouTube-User auf der Plattform einstellen. Also keine zusätzlichen Personalkosten, wunderbar! Die Aluhüte können sich weiterhin in ihrer Parallelwelt austoben, ohne Restriktionen befürchten zu müssen. Denn mit so einem Link zu Wikipedia können doch eigentlich alle leben - man muss ihn ja nicht anklicken. Und die Wikipedia-Macher können sich über zusätzlichen Imagegewinn freuen, wird doch ihre Plattform durch den Coup in den Adelsstand des allwissenden Lexikons befördert. Zu früh gefreut. Denn außer der Ankündigung der YouTube-Chefin gibt es bisher nichts. Bei Wikipedia weiß man nichts von dem Plan und sieht das Ganze eher kritisch. Denn das spendenfinanzierte Portal hätte zusätzlichen Aufwand, der auch zusätzliche Kosten verursacht. Wenn es nur ein PR-Coup war, ist er nach allen Kräften misslungen. Wenn irgendwo in der Kommunikationskette ein Knick war, ist der Schuss ebenfalls nach hinten losgegangen. Ein Kommentar von Hendrik Zörner

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