Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Mail an die Polizei

Grenzenlos dumm

26.09.2018

Die Mail, die der Pressesprecher des österreichischen Innenministeriums an die Polizeidienststellen des Landes geschickt hat, sorgte im In- und Ausland für Empörung. Der Innenminister distanzierte sich bereits. War das alles Kalkül oder grenzenlose Dummheit?

Innenminister Kickl: auf Distanz. Foto: APA

Dass Pressesprecher kontrollieren wollen, was mit welcher Kommentierung über den eigenen Laden berichtet wird, gehört zum Job. Bad news bereiten manchem Sprecher schlaflose Nächte. Denn in vielen Unternehmen, Institutionen und Parteien stehen die PR-Profis am Pranger, wenn es schlechte Presse gibt. Damit sollte offensichtlich in Österreichs Innenministerium endlich Schluss sein. Dessen Sprecher Christoph Pölzl wandte sich an die Polizeidienststellen und schrieb ihnen per Mail, wie sie künftig mit den Medien umgehen sollten. Vor allem die regierungskritischen Zeitungen Standard, Kurier und Falter sollten auf Abstand gehalten werden und nur noch das absolut notwendige Minimum an Informationen bekommen. Der Protest ließ nicht auf sich warten - in Österreich und im Ausland. DJV-Vorsitzender Frank Überall etwa sah in der Anweisung einen klaren Verstoß gegen die Pressefreiheit. Ähnlich deutliche Worte fand auch Bundeskanzler Sebastian Kurz. Wenig später ruderte Österreichs FPÖ-Innenminister Herbert Kickl zurück: Die Pressefreiheit sei unantastbar und ein wesentlicher Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft, wurde Kickl in einer schriftlichen Erklärung seines Ministeriums zitiert. Also nur ein Versehen? Dagegen spricht der Umfang der Mail. Pölzl hatte sich die Mühe gemacht und vier Seiten formuliert. Und der flächendeckende Empfängerkreis ebenfalls. Was genau den Pressesprecher geritten hat, bleibt im Dunkeln, denn ausgerechnet jetzt spricht er nicht mehr. Warum wohl? Weil er eine Welle losgetreten hat, von der die höchsten Regierungspolitiker in der Alpenrepublik gerade nasse Füße bekommen haben. Offen bleibt da nur noch eine Frage: Wie kann man nur so dämlich sein? Ein Kommentar von Hendrik Zörner
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