Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

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Lindners Hochzeit

Mit zweierlei Maß gemessen

08.07.2022

Christian Lindner und Franca Lehfeldt sind ein Paar. Schön für sie. Dumm nur, dass die Gattin des Bundesfinanzministers als Politikreporterin arbeitet und das wohl auch weiterhin tut. In einem anderen Fall sieht der Springer-Konzern die mögliche Vermischung von Privatem und Journalistischem strenger.

Keine Frage, dass die Hochzeit des Bundesfinanzministers und der Chefreporterin von Welt TV ein Medienereignis ist. BILD berichtet in großer Aufmachung, die Bunte auch. Und auf Twitter trendet der Hashtag #LindnerHochzeit seit Tagen ganz vorn. Das Paar hat kein Geheimnis aus der Trauung gemacht und auch nicht aus dem Ort des Geschehens: Sylt.
Aber hier soll nicht der Neiddebatte das Wort geredet werden, die längst in vollem Gange ist. Viele Kommentare triefen nur so von Spott und Häme - die fast schon üblich gewordene Begleiterscheinung von Berichten über Prominente.
Kritikwürdig ist nicht die Hochzeit, sondern die berufliche Tätigkeit der Braut: Franca Lehfeldt arbeitet als Chefreporterin für Welt TV. Das tut sie schon eine ganze Weile, und bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass sie einen anderen Job annimmt oder bei Welt in ein anderes Ressort wechselt. Warum sie das sollte: weil die Vermischung von Privatem und Journalistischem medienethisch mindestens bedenklich ist. Weil sich die Frage aufdrängt, wie kritisch und unabhängig sie über die Bundesregierung oder gar die Finanzpolitik des Bundes berichten kann.
Solche Erwägungen sind dem Hause Springer keineswegs fremd. Kürzlich wurde die Beziehung zwischen Fußballstar Julian Nagelsmann und BILD-Sportreporterin Lena Wurzenberger bekannt. Sie schrieb bis dahin vorrangig über den Fußballverein, dem Nagelsmann angehört. Kurz darauf teilte Springer mit, dass sie nicht länger als Reporterin über den FC Bayern arbeitet.
Warum der Verlag bei den beiden Mitarbeiterinnen mit zweierlei Maß misst, erschließt sich nicht. Eine einheitliche Linie wäre eigentlich vonnöten.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner

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