Bildjournalisten
Änderungen in der Google-Bildsuche - Probleme bleiben
Einzelbildpräsentation verschwindet wieder
Fotojournalisten, Fotografen, Fotoagenturen und Verbände der Fotobranche hatten die Einzelbildpräsentation kritisiert, weil sie darin eine Werbung für Downloads und damit ihr Urheberrecht verletzt sehen. Der Präsident des europäischen Bildagenturverbandes CEPIC, Alfonso Gutierez, hat auf einer Fachtagung am Beispiel seiner eigenen Bilder klar gezeigt: sobald die Google Bildsuche Fotos auf seinen Webseiten indexiert und damit in Suchergebnissen anzeigt, resultieren daraus zahlreiche Downloads und anschließend Weiterverwendungen der Bilder auf anderen Internetseiten, ohne jede Erlaubnis seinerseits. „Ist ein Foto erst einmal von der neuen Google Bildsuche indexiert, wird es hundertfach geklaut“, so Gutierez.
Außerdem stellten die Fotojournalisten, Fotografen, Fotoagenturen und Betreiber von Webseiten mit Fotos einen Rückgang der Benutzerzahlen auf ihren Seiten fest, da die Fotos die Nutzer nicht mehr zu ihren Seiten brachten, weil die Fotos direkt auf Google.com angeschaut und heruntergeladen wurden. Für die Fotobranche sind Besuche von Nutzern aber schon deswegen wichtig, weil manche Firmen auf ihren Seiten Werbung schalten oder erfahrungsgemäß ein Teil der Nutzer dann auch tatsächlich Bildrechte erwirbt, statt Bilder einfach nur herunterzuladen.
Die Fotoverbände hatten zudem weitere Punkte kritisiert. So beispielsweise den laschen Hinweis darauf, dass gezeigte Bilder „möglicherweise“ urheberrechtlich geschützt seien sowie weitere Knöpfe, die zum Teilen der gefundenen Bilder in sozialen Netzwerken einladen.
Google erklärte die Abschaffung der Einzelbildpräsentation mit Hinweis auf eine Vereinbarung mit der Firma Getty Images, die – wie auch Fotoverbände – bei der Europäischen Kommission Beschwerde gegen die Firma eingelegt hatte. Teil der Vereinbarung war auch, dass Getty Images Bilder für bestimmte Google-Dienste liefern wird. Eine explizite Lizenzierung für die Anzeige von Bildern in der Google Bildsuche soll dagegen nicht vereinbart worden sein. Getty hat im Zusammenhang mit der Vereinbarung die Beschwerde bei der Kommission zurückgezogen.
Die deutschen Fotoverbände, darunter auch der DJV, haben seit Anfang 2017 in enger Abstimmung mit Getty Images mehrere Gespräche mit Google geführt, in denen sie die Abschaffung der neuen Bildersuche forderten. Auch hier war die Einzelbildpräsentation einer der zentralen Kritikpunkte.
Sind damit die Probleme der Fotobranche mit Google beendet? Wohl eher nicht. Denn Google arbeitet in der Bildsuche weiterhin mit hochaufgelösten Fotos, statt wie früher nur daumennagelgroße Vorschaubilder zu zeigen. Jeder Internetnutzer kann die Fotos daher mit rechtem Mausklick („Grafik anzeigen“ / „Grafik herunterladen“) weiterhin groß anzeigen lassen und/oder herunterladen. Darüber hinaus gibt es bereits Zusatzprogramme für den Google-Browser Chrome und auch den Firefox-Browser, mit dem die Einzelbildpräsentation wie zuletzt angeboten weiterhin möglich bleibt. Von den Nutzern wird das als Möglichkeit verstanden, um Fotos weiterhin in voller Auflösung direkt aus der Bildersuche herunterzuladen, wie Kommentare im Netz zeigen.
Es bleibt zudem dabei, dass Google neben der Verwendung der hochaufgelösten Bilder einen laschen Hinweis bezüglich des Urheberrechts verwendet und zum Teilen und Weiterleiten der Bilder wirbt.
Ohnehin hat der „Deal“ von Google mit Getty Images ein Geschmäckle. Google vereinbart offenbar, dass in Zukunft Fotos (vor allem) bei Getty Images gekauft werden, was angesichts der Marktmacht beider Firmen wettbewerbsrechtlich als problematisch erscheint. Getty Images zieht im gleichen Zusammenhang die Beschwerde bei der EU-Kommission zurück und begründet das vor allem mit dem Wegfall der Einzelbildpräsentation.
Ein kritischer Beobachter könnte auch meinen: der Firma Getty Images wurde ihre Beschwerde wohl eher abgekauft. Das erinnert an die Praxis der Firma Microsoft, als die EU-Kommission wegen Wettbewerbsverletzungen gegen sie vorging. Firmen, die eine Beschwerde eingelegt hatten, wurden von Microsoft einfach aufgekauft. Auch wenn Getty Images jetzt (noch) nicht direkt von Google aufgekauft wurde, sieht es ziemlich ähnlich aus. Es bestehen Zweifel daran, dass der Rückzug der Beschwerde dadurch motiviert war, dass bei Getty Images wirklich alle Verantwortlichen mit der von Google vollzogenen Änderungen zufriedengestellt waren. Vermutlich hat für die Spitze von Getty Images eher der „Deal“ wegen der Fotolizenzen gezählt, wofür man bereit war, andere Gesichtspunkte mal eben unter den Tisch fallen zu lassen. Denn gerade die Firma Getty Images hatte kritisiert, dass die neue Bildersuche zu einem erheblichen Rückgang der Besucherzahlen auf den eigenen Seiten führt. Für Getty Images war dies (und ist das vermutlich auch weiterhin) ein echtes Problem, weil die Firma dort auch Anzeigen von anderen Firmen platziert, die wegen des hohen Besucherverkehrs auf den Getty-Seiten an der Platzierung von Werbung interessiert sind. Vermutlich haben die Entscheider bei Getty Images den Gewinn aus dem Lizenzierungsdeal mit den Verlusten durch die neue Bildersuche abgewogen und den Schluss für sich gezogen. Gar nicht ausgeschlossen werden kann natürlich auch, dass noch weitergehende, der Öffentlichkeit unbekannte Punkte eine Rolle spielen.
Die Fotoverbände ziehen aus all diesen Gründen weder ihre Beschwerden bei der EU-Kommission zurück noch halten sie die übrigen Features der Bildsuche jetzt für weniger problematisch. Weitere Verhandlungsrunden mit Google sind freilich durchaus geplant, um die Firma ohne Rechtsstreit zum Einlenken zu bringen. Die Verbände prüfen dennoch weiterhin, ob sie nicht doch Klageverfahren wegen Urheberrechtsverletzungen durchführen müssen und andere rechtliche Angriffspunkte suchen müssen. Schon jetzt klagt der Vorsitzende der Fotojournalistenvereinigung Freelens vor dem Landgericht Hamburg, eine Entscheidung wird demnächst erwartet. Die Auseinandersetzung mit Google geht also weiter, daran ändern der halbherzige Rückzug von Google beim Einzelbild und die Vereinbarung mit Getty Images erst einmal nichts.
Michael Hirschler, hir@djv.de
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