Bildjournalisten
Bildjournalist Daniel Morel erhält 1,2 Millionen Dollar Schadensersatz von AFP und Getty
Aufwändiger Prozess führt wegen Hartnäckigkeit und konkreten Nachweisen zum Erfolg
Der haitianische, in den USA lebende Fotojournalist Daniel Morel erhält 1,2 Millionen Dollar Schadensersatz von den Agenturen Agence France Presse (AFP) und Getty Images. Das hat jetzt die Jury eines New Yorker Gerichts entschieden. Die Agenturen hatten acht Bilder des Fotografen vom Erdbeben in Haiti, die er zunächst über Twitter verbreitet hatte, ohne Rücksprache mit Morel in ihren Vertrieb aufgenommen. Zunächst wurden die Bilder unter dem Namen eines anderen Fotografen, anschließend auch unter dem richtigem Namen im Kundenkreis angeboten. Ein zeitnaher Rückruf des Bildangebot erfolgte trotz Kenntnis der ungeklärten Rechtslage nicht. Das Bild wurde daher in zahlreichen Medien verwendet.
Ausschlaggebend für die Höhe des Schadensersatzes war der Umstand, dass das Gericht eine vorsätzliche Urheberrechtsverletzung bejahte. Vorwurf: Die Agenturen hätten gewusst, dass sie die Nutzungsrechte nicht hatten. Damit war der Schadensersatz höher zu bemessen als in solchen Fällen, in denen Nutzungen unbeabsichtigt ohne Zustimmung des Urhebers erfolgen, etwa wegen der Annahme, dass Nutzungsrechte bereits vorliegen. Morel meint, dass dies der erste Fall ist, in dem diese Agenturen oder ein anderer großer Verwerter jemals wegen der vorsätzlichen Verletzung von Urheberrechten in Haftung genommen wurden.
Gleichzeitig beklagt Morel den erheblichen Aufwand, um seine Rechte durchzusetzen. Eine dreijährige Strapaze mit Prozessgegnern, die er niemand anderem wünschen könne, meint Morel zum Verfahren. Berichten von Brancheninsidern zufolge hatten Vertreter der Agenturen nicht damit gerechnet, dass Morel sich in irgendeiner Weise gegen sie durchsetzen könnte. Diese "Arroganz der Großen" gegenüber Bildjournalisten und anderen Bildanbietern dürfte damit - gleichwohl aufwändig - zu Fall gebracht worden sein.
Wie aus dem Umfeld von Morel zu hören ist, beruht der Erfolg des Verfahrens auch auf einer akribischen Dokumentation der unerlaubten Nutzung, die von den Anwälten belegt wurde. Entscheidend für Bildjournalisten ist daher für vergleichbare Fälle, unerlaubte Nutzungen sofort bei Bekanntwerden durch Screenshots und auch durch Herbeiziehung von anderen Personen als Zeugen zu dokumentieren. Ohne solche Belege wäre es nie zu den Schadensersatzzahlungen gekommen.
Ebenso zeigt der Fall, dass in Sondersituationen wie Katastrophen der Bildvertrieb über Twitter immer noch zu Zahlungen von Agenturen führen kann - trotz der weitreichenden Nutzungsrechte, die für Material bei Twitter einzuräumen sind. Gleichwohl ist Bildjournalisten generell anzuraten, zur Vermeidung komplexer rechtlicher Auseinandersetzungen Bilder nicht über Twitter und soziale Medien in den Umlauf zu bringen, sondern sogleich über die Bildagenturen ihres Vertrauens oder eigene Bilddatenbanken anzubieten - und allenfalls darauf über Twitter zu verlinken.
Michael Hirschler, hir@djv.de (twitter.com/bildinfo)
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